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Spannung ohne Risiko

Eine alte Technikerregel lautet: „Stromunfälle wären viel seltener, wenn es unseren Vorfahren eingefallen wäre, die Kraftwerke in der Luft aufzuhängen.“ Mit „in der Luft aufgehängt“ spielt man auf die in der Realität nun einmal vorhandene Erdung des Niederspannungsnetzes in der Trafostation an. Durch die Erdung wird der Mensch beim Berühren eines elektrischen Leiters zur Rückleitung des Stroms missbraucht und spürt das auch entsprechend.

Direkt einpolig ist gefährlich

Ein elektrischer Strom kann natürlich nur fließen, wenn gleichzeitig zwei Punkte mit unterschiedlichem elektrischem Potenzial berührt werden, wie es im Technikerdeutsch so schön heißt. Mit Potenzial ist ganz einfach Spannung gemeint. Doch es wird gleich wieder kompliziert.Berühren und Berühren sind nämlich zwei Paar Stiefel. Man unterscheidet:

  • direktes Berühren
  • indirektes Berühren

Direktes Berühren gibt es obendrein noch in zwei Ausführungen:

  • direktes zweipoliges Berühren
  • direktes einpoliges Berühren

Um direktes zweipoliges Berühren handelt es sich, wenn man gleichzeitig die beiden Pole einer Batterie, eines Akkumulators oder eingeschalteten Ladegerätes anfasst. Der Fall ist harmlos, denn bei der bescheidenen Spannung von 12 V der Autobatterie fließt kein gefährlicher Körperstrom. Fasst man einen blanken Außenleiter an, liegt direktes, einpoliges Berühren vor. Hier wird es gefährlich, da eine Spannung von 230 V anliegt, und der Mensch den Stromkreis schließt. Durch die Erdung ist der Mensch immer „ein­polig angeschlossen“. Eine weitere Gefahr liegt im indirekten Berühren, wenn das Metallgehäuse eines Betriebsmittels durch einen Körperschluss unter Spannung gesetzt wird. Indirektes Berühren ist ein Sonderfall des einpoligen Berührens. Durch seine Erdung bildet der Mensch den zweiten Pol und schließt damit den Stromkreis.

Mit und ohne Netz geschützt

Alle Schutzmaßnahmen in der Elektrotechnik wollen nur eins: verhindern, dass der menschliche Körper von einem Strom in gefährlicher Stärke durchflossen wird. Das Ziel lässt sich auf vielen Wegen erreichen. Eine Übersicht ergibt, dass sich die Schutzmaßnahmen in zwei Arten einteilen lassen:

  • netzunabhängige Schutzmaßnahmen
  • netzabhängige Schutzmaßnahmen

Die netzunabhängigen Schutzmaßnahmen erreichen ihr Ziel, indem sie direktes Berühren verhindern. Zu ihnen gehören:

  • Schutzisolierung
  • Schutzkleinspannung
  • Schutztrennung

Die netzabhängigen Schutzmaßnahmen haben sich auf indirektes Berühren spezialisiert.Es sind: Schutzleiter

  • Überstromeinrichtungen
  • Fehlerstromschutzschalter

Sie verhindern gefährliche Berührungsspannungen, indem sie defekte elektrische Verbraucher abschalten. Zu ihnen könnte man auch den Potenzialausgleich zählen, der aber eine gewisse Sonderstellung einnimmt. Das VDE-Vorschriftenwerk beschreibt die verschiedenen Schutzmaßnahmen. Vom VDE gegeprüfte Betriebsmittel und Geräte tragen das bekannte VDE-Prüfkennzeichen. Über die VDE-Richtlinien hinaus geht das Gerätesicherheitsgesetz. Es verpflichtet Hersteller und Händler, nur solche Geräte anzubieten, die den anerkannten Regeln der Technik, dem Arbeitsschutz und den Unfallverhütungsvorschriften entsprechen. Amtlich geprüfte Geräte dürfen das Sicherkennheitszeichen GS (Geprüfte Sicherheit) tragen. Zu den vom Gesetzgeber ernannten Prüfstellen gehören vor allem der VDE, der TÜV und der DVGW.

Drei Arten von Schutzisolierung

Die elektrische Isolierung verhindert das Berühren spannungsführender Teile durch eine Umhüllung aus nicht leitenden Werkstoffen und durch konstruktive Maßnahmen. Selbstverständlich muss die Isolierung der im Betrieb herrschenden Spannung angepasst sein. Sie lässt sich in drei Arten aufteilen: Die Basisisolierung bietet grundlegenden Schutz gegen gefährliche Körperströme. Die Betriebsisolierung isoliert

spannungsführende Teile gegeneinander und gegen das Gehäuse. Und die Schutzisolierung stellt ­eine Verbesserung der Basisisolierung dar. Ein gutes Beispiel für die Schutzisolierung zeigt die elektrische Handbohrmaschine. Die Schutzwirkung wird meist durch eine Kunststoffumhüllung aller berührbaren Teile mit Ausnahme des Bohrfutters erreicht. Auch die Kupplung zwischen Motor und Getriebe ist als Isolierung ausgeführt. Die Schutzisolierung muss äußerlich nicht sichtbar sein. Isolierende Zwischenteile können ebenso gut verhindern, dass im Fehlerfall an Gehäuse, Bohrer oder Bohrfutter Spannung gegen Erde auftritt. Die isolierende Umhüllung muss natürlich den meist harten Bedingungen des Alltags standhalten. Lacke, Emailschichten und Stoffumhüllungen können nicht als Schutz­isolierung gelten. Schutzisolierte Geräte sind durch zwei ineinander liegende Quadrate symbolisch gekennzeichnet. Ein weiteres Erken­nungsmerkmal ist der zweiadrige Anschluss, von dem man sich bei geöffnetem Gehäuse überzeugen kann. Die Anschlussleitung enthält nur eine blaue und eine schwarze Ader. Schutzisolierte Geräte haben keinen Schutzleiter. Ein Blick auf den Stecker bestätigt es. Im Reparaturfall darf die zweiadrige Anschlußleitung durch eine dreiadrige mit Schukostecker ersetzt werden. Wichtig ist dabei nur, dass der Schutzkontakt im Stecker angeschlossen wird, nicht aber im Gerät. Wo sollte er auch? Im Gerät ist der Schutzleiter möglichst kurz abzuschneiden und am besten zu isolieren. Die Schutzisolierung beschränkt sich nicht nur auf elektromotorische Betriebsmittel, sondern wird auch für Leuchten, Anschlußkästen und vieles andere angewandt.

Angepasste Schutzarten

Gehäuse und Isolierung dienen nicht nur dem Schutz des Menschen vor gefährlichen Spannungen. Sie schützen elektrische Geräte auch vor unliebsamen Eindringlingen wie Fingern, Schraubendrehern, Wasser oder Staub. Gehäuse und Isolierung müssen der Anwendung und den Umweltbedingungen eines elektrischen Betriebsmittels angepasst sein. Ob ein Elektromotor in einer Autowaschanlage oder in einem Säge­werk eingesetzt wird, muss bei der Konstruktion des Gehäuses berücksichtigt werden. Der Schutz eines Betriebsmittels teilt sich auf in Berührungs- und Fremdkörperschutz und Schutz vor Wasser und Staub. Die verschiedenen Schutzarten werden mit Ziffern, Buchstaben und geheimnisvollen Zeichen nach einem internationalen System gekennzeichnet. In der VDE 0530-5 [1] und in DIN 40050 [2] oder der DIN EN 60034-5 [3] wird es beschrieben. Die Kennzeichnung besteht aus den zwei Buchstaben IP und zwei Ziffern, z. B. IP 54. IP bedeutet „Internationaler Schutz“ (die Buchstaben beruhen auf dem englischen „International Protection“). Die erste Ziffer bezeichnet den Berührungs- und Fremdkörperschutz. Die zweite Ziffer gibt den Schutz gegen Wasser oder Staub an. Die Schutzarten gelten nicht nur für elektromotorische Betriebsmittel, sondern auch für Geräte wie Leuchten und Elektrowärmegeräte.

Auskunft mittels Zeichen

Für die häufigsten Schutzarten gibt es neben der Buchstaben-Ziffernkombination noch Bildzeichen nach DIN 40050, die auf den Betriebsmitteln angegeben sind. Der Schutz gegen Wasser ist nach Richtung der Tropfen oder Strahlen sowie nach Druck beim Untertauchen unterteilt. Elektrische Betriebsmittel für feuchte oder nasse Räume müssen mindestens tropfwassergeschützt sein (Schutzart IP 31). Für Handleuchten ist schon die Schutzart IP 55 (strahlwassergeschützt) vorgeschrieben. Neben den Bildzeichen für die Schutzarten sind auf Elektrogeräten noch Zeichen über die Zulassung nach ausländischen Sicherheitsbestimmungen zu finden, z. B. des Österreichischen Vereins der Elektrotechniker, ÖVE. Sie ähneln den Nationalitätenkennzeichen der Autos, verwenden aber häufig andere Buchstaben. Elektromotore, aber auch Elektroschweißgeräte und Leuchtstofflampen erzeugen beim Betrieb hochfrequente Wechselspannungen, die als Funkstörung wirken. Sie stören beim Radio­empfang, als Knattern oder Prasseln und beim Fernsehen als Streifen im Bild. Solche Funkstörquellen müssen entstört werden. Funkentstörte Geräte sind am Funkschutzzeichen zu erkennen.

Vorsicht bei Schäden

Schutzisolierung und Schutzmaßnahmen gegen Wasser und Fremdkörper sind nur wirksam, solange die isolierende Umhüllung unversehrt ist. Netzunabhängige Schutzmaßnahmen, zu denen auch die Schutz­isolierung gehört, schalten defekte Geräte nicht ab. Bei einem Körperschluss löst der (netzabhängige) Schutzleiter die Sicherung aus und macht auf den Fehler aufmerksam. Zerbricht dagegen eine isolierende Abdeckung, gibt es außer Scherben keinen Hinweis auf einen möglicherweise gefährlichen Defekt. Ein passendes Beispiel ist eine Verteilersteckdose mit zerbrochenem Kunststoffgehäuse und freiliegender Klemme. Die Steckdose ist auch in diesem Zustand funktionsfähig. Aber ihre Verwendung ist riskant. Die Betriebsstrom führenden Leiter L1 und N sind polverwechselbar, wie es so schön heißt. Je nachdem, wie man den Anschlussstecker ans Netz anschließt, liegen einmal 230 V und das andere Mal 0 V an. Die Wahrscheinlichkeit, beim Berühren einen Schlag zu bekommen, beträgt also eins zu eins. Deshalb muss neben den Schutzmaßnahmen in der Elektrotechnik immer auf einen pfleglichen Umgang mit den Einrichtungen und auf deren Unversehrtheit geachtet werden. Unter diesen Umständen stehen die Chancen gut, nie den Strom zu spüren zu bekommen.

Literaturnachweis:
[1]    VDE 0530-5: Drehende elektrische Maschinen – Teil 5: Schutzarten aufgrund der Gesamtkonstruktion von drehenden elektrischen Maschinen (IP-Code) – Einteilung

[2]    DIN 40050: Straßenfahrzeuge; IP-Schutz­arten; Schutz gegen Fremdkörper, Wasser und Berühren; Elektrische Ausrüstung

[3]    DIN EN 60034-5: Drehende elektrische
Maschinen – Teil 5: Schutzarten aufgrund der Gesamtkonstruktion von drehenden elektri­schen Maschinen (IP-Code) - Einteilung

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