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Druck drauf, Glück auf?

Prüfen von neu verlegten Gasleitungen

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Wenn es um die Dichtheitsprüfung von neu verlegten Niederdruck-Gasleitungen geht, dann wird oft das Wort „abdrücken“ gebraucht. Und das vermittelt den Eindruck, die Kontrolle sei ganz einfach. Eben Druck drauf, beobachten – fertig. Ein Irrtum, wie der erfahrene Praktiker weiß. Worauf es ankommt, lesen Sie hier.

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Ein gasförmiges Prüfmedium verhält sich bei einer Druckprüfung sehr sensibel. Im Gegensatz zu einer Prüfung mit Wasser muss ein zunächst konstanter Prüfdruck nicht unbedingt auch eine tatsächlich dichte Leitung bedeuten. Wer also eine neu verlegte Niederdruck-Gasleitung (Betriebsdruck bis 100 mbar) checken will, der muss auf alle Fälle schon mal Zeit mitbringen. Mal eben ist so eine Kontrolle auf gar keinen Fall gemacht. Überprüft werden muss schließlich nicht nur, ob die Leitung dicht ist; es ist auch festzustellen, ob das verarbeitete Material mängelfrei ist.

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Schwachstellen mit Power aufspüren

Um das herauszufinden, wird die Leitung zunächst mal einer Belastungsprüfung unterzogen. Die Leitungsanschlüsse sind dafür mit geeigneten Mitteln, wie metallene Stopfen, Kappen oder Steckscheiben verwahrt. Nur die Armaturen, die in der Leitung eingebaut sind, können in die Prüfung mit einbezogen werden, wenn sie dem Prüfdruck standhalten. Eine Verbindung der zu überprüfenden Leitung zu in Betrieb befindlichen Gasleitungen darf nicht bestehen. Dabei gilt eine nur geschlossene Armatur nicht als sichere Trennung. Die Armatur könnte versehentlich geöffnet oder undicht werden. Die Folge wäre ein erheblicher Druckanstieg in dem in Betrieb befindlichen System. Schon ein Druck von mehr als 150 mbar kann hier beträchtliche Schäden verursachen (z. B. an Gasgeräten oder an Gas-Druckregelgeräten). Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass so Luft in die in Betrieb befindliche Leitung gelangen würde. Der Sinn und Zweck einer Belastungsprüfung ist schon dem Namen dieser Prüfmethode zu entnehmen: Es wird die Leitung mit einem Vielfachen des späteren Betriebsdruckes beaufschlagt und das Material somit einer deutlich größeren Belastung als die, die bei Normalbetrieb zu erwarten ist, ausgesetzt. Deshalb wird ein Prüfdruck von 1 bar mit Luft oder mit inerten Gasen (z. B. mit Stickstoff) aufgebaut. Der Druck soll bewirken, dass Schwachstellen gefunden werden. Beispielhaft hierfür sind Tempergussfittings. An diesen können Haarrisse vorhanden sein, die mit geringeren Prüfdrücken gar nicht entdeckt werden. Aber auch an Löt- oder Schweißverbindungen kann es Leckstellen geben, die zunächst von Zunder oder Schlacke zugesetzt sind und so gar nicht auffallen. Der Druck von 1 bar aber, tut sein übriges, diese Stellen bemerkbar zu machen.

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Dichtheit nach Belastung checken

Deshalb muss während der etwa zehnminütigen Belastungsprüfung die Leitung auch optisch in Augenschein genommen werden. Die Belastungsprüfung wird unmittelbar nach der Rohinstallation durchgeführt, wenn an den Verbindungsstellen noch kein Korrosionsschutz aufgebracht und die Leitung noch nicht verputzt bzw. verdeckt wurde. Da ein Druckabfall während der Belastungsprüfung nicht das ausschlaggebende Kriterium ist, wird an das Messgerät nur die Anforderung gestellt, in Schritten von 100 mbar, also nur verhältnismäßig grob, anzuzeigen. Eine Wartezeit für den Temperaturausgleich ist nach den TRGI ebenfalls nicht gefordert. Geht es anschließend darum, kleinste Undichtheiten zu erkennen, kommt die Dichtheitsprüfung zum Zuge. Diese wird nach der Belastungsprüfung, auch ohne Verbindung zu gasführenden Leitungsteilen, ausgeführt. Geprüft werden alle Leitungsteile mit Ausnahme der Gasgeräte und der zugehörigen Regel- und Sicherheitseinrichtungen. Die Gasgerätehähne bleiben bei der Ausführung der Dichtheitsprüfung geschlossen. Das hat folgende Gründe: Die Regeleinrichtungen dürfen in den meisten Fällen nur mit einem Druck von maximal 50 mbar belastet werden. Die Dichtheitsprüfung wird mit einem Druck von 150 mbar durchgeführt. Ferner dürfen die Regeleinheiten geringe Leckagen aufweisen. Ein Einbeziehen der Gasgeräte in die Dichtheitsprüfung könnte den Gasregelblock im Gerät beschädigen oder eine undichte Gasleitung vortäuschen.

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Auch Gaszähler lieber außen vor lassen

Gaszähler können in die Dichtheitsprüfung mit einbezogen werden. Allerdings sollte das nur im Ausnahmefall erfolgen. Einen Gaszähler in die Prüfung einzubinden bedeutet nicht nur, das Volumen der zu prüfenden Leitung zu vergrößern. Sondern es wird auch ein Bauteil eingebunden, das Temperaturschwankungen schnell auf das Prüfgas überträgt und so zu instabilen Prüfdrücken führt. Der Zeitpunkt zur Ausführung der Dichtheitsprüfung ist so zu wählen, dass die Verbindungsstellen noch freiliegen. Wird die Leitung im sichtbaren Zustand der Dichtheitsprüfung unterzogen, sind die Geräteanschlussarmaturen noch nicht montiert. Um die Forderung der TRGI 2008 nach einer Prüfung „einschließlich aller Armaturen“ zu erfüllen, sollte eine neu verlegte Niederdruck-Gasleitung zweimal einer Dichtheitsprüfung unterzogen werden: Einmal unmittelbar nach Ausführung der Belastungsprüfung (Rohrleitung noch sichtbar, Verbindungsstellen noch ohne Korrosionsschutz, Leitung ohne Geräteanschlussarmaturen) und ein weiteres Mal unmittelbar vor dem Einlassen von Brenngas in die neue Leitung. Dann nämlich, wenn die Leitung unter Putz verschwunden ist, aber nun auch die Gasgerätehähne montiert sind. So erfüllt man alle Anforderungen (Leitung zugänglich und mit allen Armaturen prüfen). Und man erkennt auch Schäden, die der Leitung in der Zeit zwischen der Rohinstallation und der Feininstallation zugefügt wurden.

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Auf 0,1mbar genau muss es schon sein

Als Prüfgas finden Luft oder Inertgase Anwendung. Das Prüfgerät muss bei einer Dichtheitsprüfung so genau anzeigen, dass bereits ein Druckabfall von nur 0,1 mbar erkennbar ist. Ein geeignetes Messgerät, besonders auch für den Einsatz auf Baustellen, ist das U-Rohr-Manometer. Diese sind heute zum Beispiel als stabile Blechkoffer mit Wassertank, Absperrkugelhähnen und Handpumpe erhältlich. Da es bei einer Dichtheitsprüfung nur noch um den Druck geht, ist ihr grundsätzlich eine Anpassungszeit vorzuschalten. Die Anpassungszeit dient dem Temperaturausgleich und soll dem Prüfmedium Zeit geben, in der Leitung zur Ruhe zu kommen. Die nötige Dauer der Anpassungszeit ist vom Volumen der zu überprüfenden Leitung abhängig; ebenso die eigentliche Prüfzeit. Denn die Zeit die es dauert, bis sich ein Druckabfall zeigt, hängt vom Leitungsvolumen ab. Je größer das Volumen der Leitung ist, desto länger dauert es, bis man einen Druckabfall bei gleichem Prüfdruck und gleichem Leck erkennen kann. Kommt es während der Prüfzeit weder zu einem Druckanstieg noch zu einem Druckabfall, dann ist die neue Gasleitung OK.

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Die erfolgreiche Durchführung der Belastungs- und der Dichtheitsprüfung müssen abschließend mit einem Prüfprotokoll beschrieben werden. Denn eine Leitungsprüfung ohne Schreibkram ist ja Schall und Rauch, weil man ohne Protokoll später einmal nichts mehr nachweisen kann. Hinzu kommt, dass die Lage der später nicht mehr sichtbaren Leitungen festgehalten werden muss. Das kann klassisch mittels Skizzen, aber auch modern mittels Digitalkamera gemacht werden. Und spätestens hier wird deutlich: Gasleitungen prüfen ist viel mehr als „druck drauf - und fertig“.

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von †Jörg Scheele R.I.P

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