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Verbrannte Anlage, verbrannter Ruf

Simulation von Solaranlagen

Dem Kunden einen Mehrwert zu liefern ist eines der wichtigen Ziele, die man im Auge behalten muss, um dauerhaft am lokalen Markt erfolgreich zu sein.

Nur Zierde, oder Teil eines sinnigen Konzepts? Wer weiß dass schon?
(Bild: thinkstock)
Nur Zierde, oder Teil eines sinnigen Konzepts? Wer weiß dass schon? (Bild: thinkstock)

Dieser tolle Vorsatz gilt natürlich auch beim Bau von thermischen Solaranlagen, kurz TSA genannt. Es spricht sich sehr schnell herum, ob eine solche Anlage effizient läuft oder, im schlimmsten Fall, katastrophal zusammengestellt worden ist. Der Installationsbetrieb, der hier schludert, gilt dann am Einbauort und Umgebung gewissermaßen als verbrannt.

Klassischer Fehler

Verbrennen wird auch jene Solaranlage, die mit übergroßen Kollektoren einen viel zu kleinen Speicher bedient. Das führt dann im Sommer zu häufiger Stagnation. In der Folge wird das Glykolgemisch gecrackt und bildet schlimmstenfalls Inkrustierungen, die das System auf Dauer lahmlegen. Verbannter Ruf des Installateurs und eine verbrannte Anlage sind Folgen solcher Fehlplanungen. Die TSA, die eigentlich zum Schutz des Weltklimas errichtet wurde, erweist sich dann als reine Mogelpackung.

Versuch macht klug

Gewonnene Erfahrungen im Bau von thermischen Solaranlagen sind hilfreich aber nicht immer ausreichend. Der schlechteste und gefährlichste Weg ist es, ein Anlagenkonzept beim Kunden auszuprobieren. Voraussagen aufgrund von Fakten sind daher eine willkommene Ergänzung. Will man also ein Päckchen schnüren, das dem Kunden maximalen Nutzen bringt, kann auf Simulationssoftware zurückgegriffen werden. Denn im täglichen Kundenumgang kann es sinnvoll sein auch mal mit Gürtel (Erfahrung) und Hosenträger (Simulation) aufzutreten.

Arbeitsoberfläche einer Simulationssoftware für Thermische Solaranlagen 
(hier Getsolar von ETU)
(Bild: IBH)
Arbeitsoberfläche einer Simulationssoftware für Thermische Solaranlagen (hier Getsolar von ETU) (Bild: IBH)

Für reiche Computerfreaks?

Am Markt befindliche Software muss verständlich und leicht bedienbar sein. Und nach vielen Jahren als Dozent in Meistervorbereitungskursen kann ich sagen, dass sich diese Ziele für die hier angesprochene Software realisiert haben. Wer also die „Vokabeln“ zum Thema TSA annähernd beherrscht, der findet sich sehr schnell zurecht. Damit will ich das Argument vom Tisch fegen, dass nur der ambitionierte Computerfreak eine Simulation zu TSA beherrscht. Man wird durch einen logischen Ablauf geführt und kommt fast zwangsläufig zum Ergebnis. Die Kosten eines solchen Programms sind relativ zum Bedarf zu sehen. Betriebe, die nur zwei TSA im Jahr bauen, werden eher zurückschrecken als jene Solarteure mit ständig wachsendem Stamm an ökologisch orientierten Kunden.

Was wird berücksichtigt?

Im Prinzip stellt man sich mit der Simulationssoftware eine TSA mit sämtlichen Komponenten zusammen. Man betrachtet dabei auch das Umfeld. Gemeint ist, dass man nicht nur die Wetterdaten des Einsatzortes und eine eventuelle Beschattung erfasst. Natürlich wird auch die Ausrichtung des Gebäudes und der jeweiligen Dachschrägen berücksichtigt. Die Eingabe über den eingesetzten Wärmeerzeuger entscheidet unter anderem. auch über das mögliche Einsparpotenzial. Viele dieser Einflussfaktoren lassen sich bereits vor einem Kundengespräch in Erfahrung bringen.

Grafik aus Simulation Getsolar:
Sie zeigt, was eine Solaranlage übers Jahr für den Kunden erledigen kann
(Bild: IBH)
Grafik aus Simulation Getsolar: Sie zeigt, was eine Solaranlage übers Jahr für den Kunden erledigen kann (Bild: IBH)

Wozu den Kram?

Googeln Sie mal spaßeshalber den Begriff „Solarpaket“ und schauen Sie sich einige Treffer an. Standards werden geboten, die dem Kunden von Versandhäusern und Baumärkten suggerieren, dass man ein Stück funktionsfähige und effiziente Solaranlage kaufen kann. Schaut man sich jedoch die Eingabemöglichkeiten einer Simulation wie Getsolar von ETU an, wird schnell klar, dass ein individueller Zuschnitt doch etwas mehr ist als in diesen Standardpaketen steckt. Wo bleibt die Berücksichtigung des Tagesbedarfs an Warmwasser oder das Verbrauchsverhalten der Hausbesitzer? Wie verhält es sich mit Neigung und Azimut (was für ein prickelndes Wort)? In welcher Zone Deutschlands wird die Anlage errichtet und was ist mit einem Baum vor dem Haus, der doch so schön Schatten spendet. Diese wenigen Detailbeispiele zeigen schon, dass ein Stück Standardpaket TSA nicht zwingend glücklich macht.

Besserwisserei

Das hat man im Gefühl höre ich oft als Antwort auf die Frage, welche Anlage denn von den Kollegen an den Kunden verkauft wird. Ich erlaube mir solche ketzerischen Fragen, weil ich selber die Antwort schuldig bleiben darf, da ich keinen Handwerksbetrieb habe. Aber mit Gefühlen ist das so eine Sache. Was, wenn das Häuschen eine nicht ideale Ausrichtung hat. Und wenn dann zwei junge duschwütige Teenies mit zwei komfortverwöhnten Eltern dieses Häuschen bewohnen? Dann kann das Gefühl schon sehr täuschen. Eine Optimierung einer sprichwörtlich in den Sand gesetzten Anlage ist im Nachhinein schwierig. Als Sachverständiger holen mich die Besitzer von Katastrophen-Anlagen dann gerne dazu. Denn meistens nach zwei Heizperioden stellen Sie keine Einsparungen fest und dann die berühmte und unbequeme Sinnfrage. Und ich darf dann das tun, was ich gut kann: Alles besser wissen. Später frage ich mich nicht selten, warum man trotz vorhandener Planungs- und Simulationstechnik auch sehr kostspielige und hochwertige TSA vermurkst und in den Sand setzt. Denn der Ruf des Installationsbetriebes und von Solaranlagen allgemein ist ja vorerst ruiniert.

Grafik aus Simulation Getsolar:
Vielfache Temperaturauswertungen zeigen auch, wann eine TSA „überkochen“ 
könnte (hier Mitte Mai)
(Bild: IBH)
Grafik aus Simulation Getsolar: Vielfache Temperaturauswertungen zeigen auch, wann eine TSA „überkochen“ könnte (hier Mitte Mai) (Bild: IBH)

Standardanlage

Ausgehend von einem Standardmodell mit vorgegebenem Verbrauch an Warmwasser möchte ich die peinlichen Fragen stellen die man sich mit einer entsprechenden Software-Simulation beantworten kann. Dabei soll die Familie mit vier Personen ein Einfamilienhaus in ideaeler Südausrichtung für die TSA besitzen. Wirtschaftlichkeit und Ökologie sollen bei der Auslegung eine Rolle spielen. Es soll lediglich die Trinkwassererwärmung unterstützt werden. Die Deckungsrate soll zwischen 50 und 60 Prozent liegen. Im ersten Ansatz wird der Warmwasserbedarf auf zusammen 200 Liter pro Tag geschätzt bei einer Zapftemperatur von 45 °C. Der Verbrauch des Warmwassers wird voraussichtlich am Morgen und Abend mit großem Anteil für das Duschen angenommen. Zwischendurch sind nur geringe Zapfmengen zu erwarten. Das eineinhalbfache des Tagesbedarfs, also 300 Liter, wird für den Speicher vorgesehen. Die Anlage erhält im ersten Schritt vier Quadratmeter Flachkollektoren. Als konventionelle Anlage wird ein Gas-Brennwertgerät angenommen. Das Ergebnis dieser Standard-Anlage birgt kaum Überraschungen.

Eckdaten Standard:

Deckungsrate: 51 %

Wirkungsgrad: 37 %

Erdgas- Einsparung: 205 m³/a

CO2-Einsparung: 390 kg/a

Diese Anlage wird voraussichtlich gut funktionieren und hält die Vorgaben für einen sinnvollen Betrieb ein.

Nur noch die Eltern

Vor Ort stellt man vielleicht fest, dass die Kinder in Kürze das Haus verlassen und daher als Verbraucher wegfallen. Die Verbrauchsannahme reduziert sich daher auf 100 Liter pro Tag. Wie wird sich die Anlage dann verhalten, wenn ansonsten die Planungsvorgaben erhalten bleiben?

Eckdaten (nur Eltern):

Deckungsrate: 66 %

Wirkungsgrad: 26 %

Erdgas- Einsparung: 140 m³/a

CO2-Einsparung: 267 kg/a

In jedem Fall stellt man fest, dass trotz der höheren Deckungsrate weniger Gas eingespart wird und auch der Effekt für die Umwelt, sprich die CO2-Einsparung gegenüber dem Standard abnimmt. Wohlgemerkt bei gleichem Einsatz von Komponenten. Erschwerend für das Solarsystem kommt aber nun voraussichtlich ein Überkochen in den Sommemonaten dazu. Das stresst bzw. crackt das Glykol und macht im Zweifel einen häufigeren Austausch dieser Solarflüssigkeit notwendig.

Ost-West-Ausrichtung

Alles wird wieder auf Anfang gestellt, die Familie bleibt also noch viele Jahre vierköpfig zusammen. Jedoch sind die Dachschrägen genau nach Osten und Westen ausgerichtet. Zusätzlich ist die Dachneigung flacher als erwartet und beträgt nur noch 20 Grad. Lohnt sich denn dann überhaupt eine Solaranlage? Mein Bauchgefühl verrät mir allerhöchstens noch Hunger, aber keine belastbaren Zahlen und Prognosen. Die Simulation dagegen schüttelt einmal die CPU des Rechners durch und trägt die Fakten zusammen.

Eckdaten (Westen, 15 °):

Deckungsrate: 46 %

Wirkungsgrad: 37 %

Erdgas- Einsparung: 186 m³/a

CO2-Einsparung: 353 kg/a

Das Ziel, die Deckungsrate über 50 % zu heben wurde zwar verfehlt aber ansonsten ist die Anlage in guter Verfassung. Ob es reicht oder durch ein weiteres Kollektorfeld ergänzt werden sollte kann mir meine Simulation verraten.

Fazit

Die Beispiele sollten durch extreme aber realistische Verschiebungen der Betriebsvoraussetzungen einer TSA die Möglichkeiten einer Simulationssoftware aufzeigen. Natürlich kriege ich jetzt wieder Nackenschläge von den Praktikern die es besser wissen. Ich möchte natürlich nicht, dass beispielsweise der Einsatz von Software vor dem Bau einer Anlage zur Pflicht wird. Aber die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass sich sehr viele schwarze Schafe am Solarmarkt tummeln, die hirnrissige Anlagen verkauft haben. Deren Nutzen für Geldbörse und Umwelt geht gegen Null geht. Diese Betriebe versauen den Ruf von Solaranlagen und den des Handwerks. Daher mein Rat: Wenn es unübersichtlich wird, und die Erfahrungen doch nicht reichen, dann bitteschön Simulieren.

Dipl.-Ing. (FH) Elmar Held ist verantwortlicher Redakteur des SBZ Monteurs. 
Er betreibt ein TGA-Ingenieurbüro, ist Dozent bei der Handwerkskammer 
Dortmund sowie öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für 
Sanitär- und Heizungstechnik
Telefon: (0 23 89) 95 10 21
Telefax: (0 23 89) 95 10 22
held@sbz-online.de [1] www.ingenieurbueroheld.de [2]

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[2] http://www.ingenieurbueroheld.de
Dipl.-Ing. (FH) Elmar Held ist verantwortlicher Redakteur des SBZ Monteurs. Er betreibt ein TGA-Ingenieurbüro, ist Dozent bei der Handwerkskammer Dortmund sowie öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Sanitär- und Heizungstechnik Telefon: (0 23 89) 95 10 21 Telefax: (0 23 89) 95 10 22 held@sbz-online.de [1] www.ingenieurbueroheld.de [2] [1] mailto:held@sbz-online.de [2] http://www.ingenieurbueroheld.de

 

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