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Normgerechter Trinkwasserschutz, Teil 1

Nach EN 1717 absichern
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Trinkwasseranlagen müssen so konzipiert sein, dass sich die Qualität des Wassers im System nicht verschlechtern kann. Um einen Qualitätsverlust durch Eindringen von Nichttrinkwasser zu vermeiden, müssen an gefährdeten Entnahmestellen Sicherungsarmaturen eingebaut werden. Die Absicherungen sind mit der DIN 1988-4 [1] geregelt. Seit Mai 2001 steht mit der DIN EN 1717 [2] eine Norm zur Verfügung, die sich ebenfalls mit den Maßnahmen zum Schutz des Trinkwassers befasst. Beide Normen sind derzeit parallel gültig. Problematisch ist dabei, dass diese sich teilweise widersprechen. Wo die Unterschiede liegen und wie man in der Praxis damit umgeht,
lesen Sie hier.
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Wasser in fünf Stufen
Wie ein Wasser beschaffen sein muss, damit es die Bezeichnung „Trinkwasser“ verdient, ist in der DIN 2000 [3] umschrieben. Mit der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) [4] werden Grenzwerte für Stoffe festgelegt, die sich im Trinkwasser befinden dürfen. Somit ist ein Wasser beschrieben, das jeder Mensch ein Leben lang trinken kann, ohne daraus gesundheitliche Nachteile zu erfahren. Man bezeichnet dieses Wasser nach DIN 1988-4 als Wasser der Klasse 1. Wasser, das die Anforderungen, die an Trinkwasser gestellt werden nicht mehr erfüllt, wird den Klassen zwei bis fünf zugeordnet. In der DIN EN 1717 befindet sich dieses „Klassensystem“ ebenfalls. Allerdings spricht man hier von Flüssigkeitskategorien. Ein Blick auf die Stufung der Wasserklassen bzw. der Flüssigkeitskategorien zeigt, dass sie vergleichbar sind. Egal ob nun von Wasserklassen oder Flüssigkeitskategorien gesprochen wird; Missverständnisse dürfte es dabei nicht geben.
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Der Teufel steckt im Detail
Allerdings bedeutet „vergleichbar sein“ noch lange nicht, dass die Definitionen der Wasserklassen und der Flüssigkeitskategorien inhaltlich identisch sind. Während die DIN 1988-4 bei der Wasserklasse 2 zwischen Beeinträchtigungen und Gefährdungen unterscheidet, gibt es diese Abstufung in der DIN EN 1717 nicht. Und das ist auch gut so. Wann eine Veränderung der Wasserqualität lediglich eine Beeinträchtigung ist und wann daraus eine Gefährdung entsteht, hängt schließlich nicht vom Wasser selbst, sondern vom Nutzer des Wassers ab. Eine Flüssigkeit, die einem gesunden, erwachsenen Menschen nicht schadet, kann für eine kranke Person oder für ein Baby möglicherweise schon gefährlich sein. Für den Anwender der Norm ist es schwer, diese Risiken abzuwägen. Die DIN EN 1717 macht mit dem Bewertungsspielraum Schluss. Der Flüssigkeitskategorie 2 dürfen nur solche Flüssigkeiten zugeordnet sein, die für niemanden eine Gesundheitsgefährdung bedeuten können. Eine weitere Abweichung bei der Klassifizierung zeigt sich beim Warmwasser. Während nach DIN 1988 das erwärmte Trinkwasser der Klasse 1 zugeordnet wird, soll dieses nach DIN EN 1717 als Wasser der Flüssigkeitskategorie 2 bewertet werden. Damit gilt – europäisch gesehen – warmes Wasser nicht mehr als Trinkwasser. Diese Festlegung wurde im Hinblick auf südeuropäische Gegebenheiten gemacht, da hier die Trinkwasserqualität des warmen Wassers nicht durchgängig garantiert werden kann. Für die Praxis muss das warme Wasser aber Trinkwasser bleiben. Schließlich wäre ­eine Mischbatterie sonst die unzulässige Verbindung von Trinkwasser- und Nichttrinkwassersystemen. Und zur Körperreinigung muss gemäß der TrinkwV grundsätzlich Trinkwasser verwendet werden. Kann man warmes Wasser nicht mehr als solches bezeichnen, wäre wohl kalt duschen angesagt.
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Gefährdet oder nicht?
Man geht davon aus, dass Trinkwasser, das aus der Trinkwasseranlage entnommen wird, die Trinkwasser­eigenschaft verliert. Wird eine Badewanne im häuslichen Bereich gefüllt, enthält sie (bedingt durch Bade­zusätze) Wasser der Klasse 3 (Flüs­sigkeitskategorie 3). In einer Badewanne in einem Krankenhaus oder einem Pflegeheim wird sogar Wasser der Klasse 5 (Flüssigkeitskategorie 5) vermutet. Schließlich kann hier das Vorhandensein von Erregern übertragbarer Krankheiten nicht ausgeschlossen werden. Selbst in der Küche – wo aus Trinkwasser Suppe wird – wandelt sich das Wasser der Klasse 1 (Flüssigkeitskategorie 1) in Wasser der Klasse 2 Flüssigkeitskategorie 2). Folglich darf Wasser, das die Trinkwasseranlage verlassen hat, nicht wieder in diese zurückgelangen. Ein Rückfließen, Rückdrücken und Rücksaugen von Nichttrinkwasser in das Rohrleitungssystem muss verhindert werden. Eine Gefahr des Rückfließens, Rückdrückens oder Rücksaugens besteht immer dann, wenn der Trinkwasserauslauf der Entnahmearmatur unterhalb des höchstmöglichen Nichttrinkwasserspiegels liegt oder liegen kann. Die Gefahr besteht auch, wenn Geräte (wie Hochdruckreiniger oder ungesicherte Waschmaschinen) an die Trinkwasseranlage angeschlossen werden. Solche Anschlüsse bezeichnet man als gefährdete Entnahmestellen. Liegt der Trinkwasserauslauf in jedem Fall über dem höchstmöglichen Nichttrinkwasserspiegel, kann hier Nichttrinkwasser weder zurückdrücken noch angesaugt werden oder zurückfließen. Man spricht von einer nicht gefährdeten Entnahmestelle. Dabei wird allerdings der bestimmungsgemäße Betrieb der Entnahmestelle vorausgesetzt. Der Wasseraustritt an einer Waschtischarmatur mit hohem Auslauf liegt an sich deutlich über der Waschtischoberkante und damit auch über dem höchstmöglichen Nichttrinkwasserspiegel. Das ist abrupt nicht mehr der Fall, wenn diese Entnahmestelle für die Befüllung eines Eimers missbraucht wird – dann taucht der Auslauf in den Eimer ein. Die Bewertung der Entnahmestellen als nicht gefährdete Entnahmestellen verlangt folglich eine gewisse Weitsicht vom Anwender.
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Einzelsicherung oder ­Sammelsicherung?
Gefährdete Entnahmestellen müssen durch den Einsatz von Sicherungsarmaturen vor einem Rücksaugen, Rückdrücken oder Rückfließen von Nichttrinkwasser geschützt werden. Werden dabei zwei oder mehrere gefährdete Entnahmestellen einer Trinkwasseranlage über eine ­Sicherungsarmatur abgesichert, ­bezeichnet man das als Sammel­sicherung. Wird jeder gefährdeten Entnahmestelle „ihre“ Sicherungs­armatur zugeordnet, liegt eine Einzelsicherung vor. Mit der DIN 1988-4 wird festgestellt, dass die Einzel­sicherung und die Sammelsicherung als gleichwertige Absicherungsmaßnahmen einzustufen sind. Bei der heutigen Bewertung dieser Aussage muss allerdings das Alter der Norm berücksichtigt werden. Die Aussagen spiegeln den Kenntnisstand der 80iger Jahre wider. Das ist auch der Grund dafür, dass die DIN EN 1717 dieser Gleichwertigkeit ein Ende setzt: Die neue Norm legt fest, dass die ­gefährdeten Entnahmestellen im häuslichen Anwendungsbereich mit Einzelsicherungen ­versehen sein müssen. Sammel­sicherungen kommen nur noch für den Ausnahmefall in Frage, bei dem der Einsatz einer Einzelsicherung nicht möglich ist. Ungeachtet dieser Tatsache ist die Sammelsicherung aus den Köpfen gestandener Fachleute aber wohl nur schwer zu verdrängen. Dabei ist die Frage nach dem, was gegen eine Sammelabsicherung spricht, klar zu beantworten. In (älteren) Wohngebäuden besteht die Sammelsicherung meistens aus einer Sicherungskombination (Rückflussverhinderer am Fuß der Steigleitung, Rohrbelüfter an deren Ende). Sehr häufig ist dabei die Stockwerksleitung fälschlicher Weise über den Fußboden verlegt worden. In diesen Fällen unterstützt die Sicherungskombination als Sammelsicherung sogar noch das Eindringen von Nichttrinkwasser: Fällt die Wasserversorgung aus, verhindert der Rückflussverhinderer ein Leerlaufen der Steigleitung. Wird nun von einem Bewohner Wasser entnommen, entleert er zunächst die Steigleitung. Ein Unterdruck entsteht, der Nichttrinkwasser ansaugen kann (z. B. über eine Handbrause, die in der Badewanne liegt). Dann öffnet der Rohrbelüfter und baut den Unterdruck in der Steigleitung ab. Das führt dazu, dass der zuvor in Gang gekommene Winkelsaugereffekt so lange funktioniert, wie Wasser an tieferer Stelle entnommen wird (oder bis die Badewanne entleert ist). Auch höherwertige
Absicherungen, die als Sammel­sicherung eingesetzt werden (z. B. Rohrtrenner nach der Wasserzähleranlage), können ein Rückfließen innerhalb eines Leitungssystems nicht verhindern. Sicherungsarmaturen, die als Einzelsicherungen eingesetzt werden, unterbinden ein Rückfließen von Nichttrinkwasser innerhalb des Systems. Ihr Sicherungseffekt setzt genau an der Stelle ein, an der ein Rücksaugen, Rückdrücken oder Rückfließen passieren kann – nämlich an der Entnahmearmatur. Hinzu kommt, dass die Entnahmearmaturen aus dem Hause namhafter Hersteller werkseitig eigensicher ausgeführt sind. Sie sichern vor Eindringen von Nichttrinkwasser der Klasse 3 (Flüssigkeitskategorie 3) ab. Und das ist für Entnahmestellen in Wohngebäuden ausreichend. Nachteilig beim Einsatz eigensicherer Armaturen ist es allerdings, dass sie für den Laien erreichbar sind. So kann der Austausch einer eigensicheren Mischbatterie gegen eine nicht eigensichere Billigarmatur durch die Hand eines Heimwerkers nicht ausgeschlossen werden.
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Die Auswahl der ­Sicherungsarmaturen
Die zur Verfügung stehenden Sicherungsarmaturen sind unterschiedlich zuverlässig. Beispielsweise kann bei einem Rückflussverhinderer ein Korrosionsrückstand oder ein Sandkorn bewirken, dass die Armatur nicht mehr dicht schließt und ein Rückfließen von Wasser nicht verhindern kann. Deshalb kann diese Armatur auch nur zur Absicherung vor relativ harmlosem Nichttrinkwasser eingesetzt werden. Ein Rohrunterbrecher ohne bewegliche Teile ist ein Rohrstück mit Löchern darin, die jeden Unterdruck (sprich Rücksaugungsgefahr) im Keim ersticken. Die einfache Konstruktion dieser Armatur lässt kaum eine Chance für Fehlfunktionen. Daher ist das Trinkwasser mit einem Rohrunterbrecher auch vor sehr gefährlichem Nichttrinkwasser geschützt. Die Auswahl der geeigneten Sicherungsarmatur ist folglich von der Wasserklasse (Flüssigkeitskategorie) des Nichttrinkwassers abhängig, vor dem das Trinkwasser bewahrt werden soll. Nach DIN 1988-4 geschieht die Auswahl der Sicherungsarmatur nur in Abhängigkeit von der Klasse des Nichttrinkwassers. Ferner gibt es nach dieser Norm die Option eines kurzzeitigen Anschlusses. Ein solcher kurzzeitiger Anschluss eines Apparates liegt vor, wenn die Verbindung zur Trinkwasserleitung nur für die Dauer eines Arbeitstages besteht und der Anschluss unter Aufsicht betrieben wird. Sind diese Bedingungen erfüllt, dürfen Sicherungseinrichtungen zur Absicherung eingesetzt werden, die man für einen ständigen Anschluss als zu unsicher betrachtet. In der DIN EN 1717 sucht man die Definition des kurzzeitigen Anschlusses vergeblich. Es gibt nach dieser Norm nicht mehr die Möglichkeit, vorübergehend existierende Anschlüsse „minderwertiger“ abzusichern als wie die ständig vorhandenen Anschlüsse. Ferner geschieht die Auswahl der geeigneten Sicherungsarmatur nach DIN EN 1717 nicht nur entsprechend der Flüssigkeitskategorie, gegen die das Trinkwasser geschützt werden muss. Es wird hier zusätzlich noch unterschieden, ob die Sicherungsarmatur nur vor einem Rücksaugeffekt oder auch gegen Rückdrücken oder Rückfließen sichern muss. Letzteres führt dazu, dass die „Europa-Norm“ DIN EN 1717 – entgegen so mancher nationalen Behauptung – einen höheren Sicherheitsstandard einfordert, als die deutsche DIN 1988-4. So ist der eingangs erwähnte Rohrunterbrecher ohne bewegliche Teile nach DIN 1988-4 einschränkungslos zur Absicherung vor Nichttrinkwässern bis zur Wasserklasse 5 zugelassen. Nach den Festlegungen der DIN EN 1717 darf diese Armatur nur dann zur Absicherung vor Nichttrinkwässern der Flüssigkeitskategorie 5 eingesetzt werden, wenn lediglich gegen Rücksaugung abgesichert werden muss. Besteht die Gefahr eines Rückdrückens, ist der Rohrunterbrecher zur Absicherung ungeeignet.
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Nach Gruppe und Typ
Die Sicherungsarmaturen werden in der DIN EN 1717 Gruppen zugeordnet und innerhalb der Gruppen nach Typen unterschieden. Dieses System stammt ursprünglich aus Frankreich, wo die Vergabe der Buchstabenkennung jeder Sicherungsarmatur einem System folgte. Bei der Erarbeitung der europaweit gültigen Norm hat man das System zunächst übernommen. Da nun aber auch Sicherungsarmaturen aufgenommen werden mussten, die das französische System nicht berücksichtigte, blieb die Logik der Buchstabenvergabe auf der Strecke. So wurden zum Beispiel die druckbeaufschlagten Belüfter – die es in dieser Form nur in Schweden gibt – der Gruppe „L“ zugeordnet, weil der schwedische Vertreter im Normenausschuss Lindblath hieß. Und der nur in Deutschland so übliche Rohrtrenner bekam die Gruppe „G“ zugeteilt, weil diese Armaturen aus Germany kommen. Gute Gründe also, sich bei der Lektüre der DIN EN 1717 nicht damit aufzuhalten, die Logik des Bezeichnungssystems ergründen zu wollten. Gut dabei ist, dass man in Zeichnungen die Sicherungsarmaturen nicht zwingend mittels Zeichensymbolen darstellen muss. Nach DIN EN 1717 genügt hier ein Sechseck, in das die Buchstabenkombination der gewünschten Sicherungsarmatur eingetragen wird.
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Somit ist eindeutig und interna­ti­onal verständlich in der Planung festgehalten, welche Sicherungs­armatur an welcher Stelle der Trinkwasserinstallation einzubauen ist. Wie die in Deutschland üblichen Absicherungen funktionieren und wo die Unterschiede beider Normen hinsichtlich der Montagevorgaben liegen, lesen Sie im zweiten Teil dieses Beitrages.

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