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Sind sie nicht ganz dicht?

…ein Blower-Door-Test
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Wenn man im Anschluss an diesen Bericht mal kurz in sich geht und dann feststellt: „Das hätte ich auch erfinden können!“, ist dies nicht verwunderlich. Denn der Blower-Door-Test ist wirklich logisch nachvollziehbar und konsequent aufgebaut. Und er liefert wertvolle Erkenntnisse für die Praxis.
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Sinn dieses Tests ist es, die Dichtheit eines Gebäudes zu untersuchen und vergleichbar zu machen. Denn wer möchte schon anhand der Aussage „zugige Bude“ oder „total dichtes Haus“ die Entscheidung über die Qualität eines Gebäudes fällen? Und genau darum geht es. Das Qualitätsmerkmal dicht oder undicht soll zahlenmäßig fassbar sein. Denn beispielsweise ein undichter Neubau wird sich innerhalb der nächsten zwei bis drei Generationen für die Leckagen rächen. Schließlich benötigt ein löcheriges Gebäude wegen des unkontrollierbaren Luftaustausches sehr viel mehr Energie als ein dichtes Bauwerk.
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Das Ergebnis des Tests - oder das Ende vorweg
Auch folgender, leicht hinkender Vergleich, sei noch gestattet: Beim Kauf eines Autos würde man ja auch, egal ob es sich um einen Gebrauchten oder einen Neuwagen handelt, darauf bestehen, dass man bei 80 Stundenkilometern noch nicht durch den Fahrtwind die Perücke verliert. Erst recht gilt dies bei einem Hauskauf, der für viele Käufer eine einmalige Anschaffung mit hohem finanziellem Einsatz bedeutet. Nicht, dass man das Haus auf 80 km/h beschleunigt - jedoch aber die Dichtheit der Gebäudehülle überprüft und nachweist.
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Was spricht für eine dichte Gebäudehülle?
- Energieeinsparung
- Einhaltung von Vorschriften, wie die Energieeinsparverordnung, kurz EnEV
- Einhaltung von Kriterien für staatliche finanzielle Förderungen
- Komforterhöhung gegenüber eines Gebäudes mit Zugerscheinungen
- Vermeidung von Fehlfunktionen in etwaigen Lüftungsanlagen
- Verringerung der Luftbelastung im Haus
- Verringerung von Schallübertragung
- Vermeidung von Feuchteschäden
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Am Ende eines Blower-Door-Tests steht üblicherweise eine Zahl. Diese Zahl wird als n50-Wert bezeichnet. Dieser Wert besagt dann, wie häufig das Luft-Volumen des geprüften Gebäudes bei einer Druckdifferenz von 50 Pascal innerhalb einer Stunde ausgetauscht wird.
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Beispiel:
Bei einem Gebäudevolumen von 300 Kubikmetern und einem nötigen Abluft- oder Zuluftvolumenstrom von 1500 Kubikmetern pro Stunde, um diesen Über- oder Unterdruck von 50 Pascal zu erreichen, ergibt sich ein n50-Wert von 1500 m³/h : 300 m³ = 5,0 h-1. Dabei bedeutet das sonderbare Zeichen „h-1“ aus dem Englischen „h“ für „hour“, also die Stunde, und der Mathematik mit dem Exponent „-1“ und meint zusammen „h-1“ also „pro Stunde“.
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Es dämmert einem schon: Um diesen Druck von 50 Pascal aufzubauen muss man bei einem relativ undichten Gebäude mehr Luftvolumen bewegen als bei einem dichten Gebäude. Eine undichte Luftmatratze verliert eben auch schneller Luft, je größer das Loch in der Matratze ist. Und wer bläst schon gerne undichte Matratzen auf? Übrigens ist ein n50-Wert von 5,0 h-1 - wie in diesem Beispiel - nicht sonderlich dicht für ein Einfamilienhaus. Neubauten erreichen mindestens einen n50-Wert von 3,0 h-1 und bei leicht erhöhten Anforderungen auch einen Wert von 1,5 h-1 und besser. Ein Passivhaus bringt es auf eine Dichtheit von 0,6 h-1.
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50 Pascal, ist das realistisch?
Es stellt sich natürlich die Frage nach dem zu erreichenden Druck. Die Angabe von 50 Pascal als Zahlenwert ist nicht häufig anzutreffen. Mit einigem rechnerischen Geschick stellt man fest, dass 50 Pascal einer Wassersäule von 5 Millimetern entsprechen. Also ein dicker Wassertropfen auf der Fingerspitze. Gefühlsmäßig erstmal nicht viel. Verglichen mit einem Fahrtwind von rund neun Metern pro Sekunde, also rund 33 Stundenkilometern, wird schon eher ein Schuh daraus. Den Wetterbeobachtern sagt eine vergleichbare Windstärke von fünf Beauforts mehr über diesen Wert, den man dann als frischen Wind wahrnimmt.
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Windstärken nach Beaufort
- Windstille, Rauch steigt senkrecht
- Leiser Zug, Windrichtung durch Rauch erkennbar und nicht durch Windfahne
- Leichte Brise, im Gesicht fühlbar, Blätter säuseln
- Schwache Brise, Blätter und dünne Zweige werden bewegt
- Mäßige Brise, Hebt Staub und Papier, bewegt Zweige und dünne Äste
- Frische Brise, kleine Laubbäume schwanken, auf See Bildung von Schaumköpfen
- Starker Wind, starke Äste in Bewegung, Pfeifen in Freileitungen
- Steifer Wind, Ganze Bäume in Bewegung, Hemmung beim Gehen
- Stürmischer Wind, Bricht Zweige von Bäumen, Gehen erheblich erschwert
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Testet man also ein Haus unter diesen Wind-Bedingungen, ergibt sich der Luftaustausch unter realistischen Vergleich mit einer frischen Brise.
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Wie wird der n50-Wert ermittelt?
Man ermittelt den n50-Wert mittels eines Ventilators den man in eine Gebäudeöffnung einsetzt. Anfangs hat man sich oft die Haustür eines Gebäudes als Montageort dafür ausgesucht. Der Name „Blower-Door-Test“, also „Gebläse-Tür-Messung“, weist schon darauf hin. Mittlerweile legt man eine ansonsten möglichst dichte Öffnung, wie ein kleines Fenster, dafür fest. Dadurch bezieht man die Undichtheit der dann in die Messung einbezogenen Haustür mit ein. Also, dieses Gebläse wird festgezurrt in ein kleines Fenster gesetzt und mittels reißfesten Gewebetuch gegen den Baukörper abgedichtet. Schaltet man nun den Ventilator ein, hat dieser die Möglichkeit ins Gebäude hinein zu blasen oder umgekehrt, die Luft aus dem Gebäude heraus zu saugen. Ein Druckmessgerät braucht jetzt nur noch die Druckdifferenz zwischen drinnen und draußen vergleichen. Die Drehzahl des Ventilators wird dann solange angepasst, bis tatsächlich ein Unterschied von 50 Pascal erreicht wird. Der dann gemessene Volumenstrom stellt im Verhältnis zum Gebäudevolumen den n50-Wert des Gebäudes dar.
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Test mit Unter- oder Überdruck?
Um das Verfahren anzuwenden kann ein Über- oder Unterdruck die Leckagen entlarven. Bei Unterdruck ergibt sich ein etwas anderes Messergebnis als beim Überduck. Beispielsweise werden Fenster, die üblicherweise nach innen geöffnet werden, bei Unterdruck im Gebäude von der Dichtfläche leicht abgehoben. Hingegen wird ein solches Fenster bei Überdruck im Hause gegen die Dichtfläche gedrückt. Es leuchtet ein, dass sich entsprechende Ergebnisse bei ansonsten gleicher Druckdifferenz unterscheiden können. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ergibt sich bei der Lokalisierung der Leckagen. Wird ein Unterdruck im Hause erzeugt, lassen sich die kritischen Punkte der Gebäudehülle leicht mit einer Rauchspender untersuchen. Ähnlich wie beim Zigarettenqualm würde Rauch durch von außen eintretende Luft diesen bewegen und ablenken. An Steckdosen, Rohrdurchführungen, Rollladengurteinführungen und Fensterdichtungen wird man beispielsweise häufiger fündig. Überdruck im Hause lässt auch schwer zugänglich Leckagen sichtbar werden, wenn beispielsweise eine Nebelmaschine entsprechende Räume einnebelt. Der Austritt des Nebels kennzeichnet ebenso die Undichtigkeit, nur eben auf der Außenseite des geprüften Gebäudes. Praktikabel ist auch die Zugerscheinungen durch Messgeräte zu lokalisieren die gleichzeitig Luftgeschwindigkeit und Temperatur ermitteln, so genannte Thermoanemometer. Dort, wo bei Unterdruck ein kalter (Temperatur) Luftzug (Geschwindigkeit) in den Raum eintritt, kann eine Undichtheit nach außen unterstellt werden. Eine weitere Methode ist die Visualisierung durch Thermografie. Hierbei werden mittels einer entsprechenden Kamera unterschiedlichen Temperaturen unterschiedliche Farben zugeordnet. Farbunterschiede, die sich während eines Blower-Door-Tests ergeben, können daher ebenfalls auf eine Undichtheit hinweisen.
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Wie sieht es aus mit der Vergleichbarkeit?
Zwei unterschiedliche Blower-Door-Tester müssten bei ein und demselben Gebäude auf gleiche n50-Werte kommen. Daher hat man mittels einer Norm Ordnung in den Ablauf dieser Messungen gebracht. Zur Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden gibt es die DIN EN 13829[1]. Hier wird auch festgelegt unter welchen Wetterbedingungen die Messung noch durchgeführt werden sollte. Klar ist, dass bei Sturmesbrausen ein Gebäude andere Werte aufweist als bei absoluter Windstille. Gemessen wird daher nur bis Windstärke drei. Es wird nach DIN EN 13829 auch festgelegt, welche Öffnungen ins Freie oder in benachbarte Räume geschlossen werden. Dies betrifft als Öffnung ins Frei beispielsweise die Küchenlüftung oder den offenen Kamin. Beide Luftbrücken sind nach Möglichkeit zu schließen. Hingegen werden sämtliche Innentüren, die zur beheizten Zone des Hauses gehören, geöffnet und eventuell gesichert. Als weitere Vorbereitung sollten raumluftabhängige Wärmeerzeuger abgeschaltet und ebenfalls gesichert werden. Asche aus offenen Feuerstellen sollte entfernt werden, anderenfalls müsste vorsorglich eine Reinigungstruppe die Messung begleiten. Luftdurchlässe von Lüftungsanlagen sind zu verschließen. Nach Prüfung der Schließ- und Öffnungsvorgaben beginnt der eigentliche Messaufwand. Luft wird nacheinander in beide Richtungen transportiert, rein und später dan raus. Die jeweiligen Drücke und Volumenströme werden aufgezeichnet. Zusammen ergibt sich abschließend ein Bild vom Dichteverhalten des Gebäudes. Die Messelektronik und entsprechende Software unterstützt dabei die Auswertung zur Ermittlung des n50-Wertes.
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Konsequenzen für die am Bau Beteiligten
Wird so ein Blower-Door-Test während der Bauphase durchgeführt, sind eventuelle Nacharbeiten zur Herstellung der geforderten Gebäudedichtheit mit relativ geringem Aufwand möglich. Ist das Häuschen erst fertig gestellt und der Test offenbart einen Fehler, kann schon wesentlich mehr Aufwand von Nöten sein um ein mangelfreies Gewerk abzuliefern. Der Bauherr jedenfalls hat nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik ein Recht auf eine dichte Bauausführung. Der Blower-Door-Test enttarnt natürlich nicht nur die Bausünder sondern beweist andererseits auch die Arbeit von Fachbetrieben. Immer häufiger werden daher begleitende Messungen, auch zum Schutz des Handwerkers, während der Bauphase ausgeführt. Bei einem Kostenpunkt von ab rund 300 Euro je Messung für ein Einfamilienhaus ist eine solche Maßnahme auch im wirtschaftlichen Sinne dringend anzuraten. Interessant und aufschlussreich ist eine solche Messung allemal. Vielleicht haben Sie ja mal Gelegenheit als Zuschauer teilzunehmen. Der praktische Nutzen für die tägliche Arbeit kann enorm sein.

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