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Druckluft ist angesagt

Dichtheitsprüfung von Trinkwasserleitungen
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Soll eine neu verlegte Trinkwasserleitung auf Dichtheit gecheckt werden, ist man mit Wasser als Prüfmittel schnell bei der Hand. Doch Vorsicht: Wer mit Wasser prüft und dennoch alles richtig machen will, der muss auf der Baustelle dafür sorgen, dass der Turbo eingeschaltet wird.
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Von dem Moment an, wenn Wasser erstmalig in die neue Leitung eingelassen wird, beginnt der Count-down zu ticken. Denn dieses Wasser ist eben nicht nur ein chemischer Stoff; es ist biologisch gesehen ein Mikrokosmos. Schon ein Wassertropfen, unter dem Mikroskop betrachtet, zeigt blühendes Leben. Und das ist kein Skandal - auch dann nicht, wenn dabei über Trinkwasser gesprochen wird. Denn nach den Festlegungen der DIN 2000 [1] muss Trinkwasser keinesfalls frei jeglicher Lebensformen sein. Die Menge der vorhandenen Kleinstlebewesen muss sich allerdings in Grenzen halten, die keine Gefährdung des Menschen bedeuten.
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Entleeren zwecklos
Genau hier liegt das Problem. Es bleibt eben nur dann alles im Lot, wenn sich die kleinen Freunde im Wasser nicht übermäßig vermehren. Exakt das tun sie aber, wenn es längere Zeit steht. Wird eine Trinkwasserleitung mit filtriertem Trinkwasser geprüft, ist exakt diese Stagnationszeit zu erwarten. Schließlich wird mit der DIN 1988-2 [2] ein „abdrücken“ der Leitungen zu einem Zeitpunkt verlangt, an dem diese noch frei zugänglich sind. Mit anderen Worten: Das Prüfen der Trinkwasserleitungen geschieht im Rohbauzustand des Gebäudes. Bis hier tatsächlich die Wohnungen bezogen und die Installation dann auch benutzt wird, kann es noch eine Weile dauern. Nun könnte man meinen, das Problem wäre mit der Entleerung der Installation gleich nach der Dichtheitsprüfung zu erschlagen. Aber Hand aufs Herz: Sind die Leitungen tatsächlich immer so verlegt, dass sie vollständig leer laufen können? Wohl kaum. Und selbst wenn, dann bliebe immer noch eine feuchte Rohrinnenoberfläche inklusive jede Menge Lebens zurück. Unter diesem Gesichtspunkt stellt sich die Frage, wie lange das Wasser in den Rohren stagnieren darf, ohne dass es mikrobiologisch gesehen bedenklich wird. Die DIN 1988-8 [3] bringt eine Zeitspanne von vier Wochen ins Spiel. Allerdings hatte man vor mittlerweile mehr als 22 Jahren dabei mehr den Korrosionsschutz der metallenen Leitungen im Auge. So ist fließendes und damit sauerstoffreiches Wasser z. B. für die Schutzschichtbildung in neu installierten Kupferrohren nötig. Das Thema Hygiene stand also nicht in erster Linie Pate bei der Festlegung der Vier-Wochen-Frist.

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Stunden statt Wochen
Einen Bau innerhalb von 30 Tagen vom Rohbau zum bezugsfertigen Wohnhaus zu verwandeln, würde ohne Zweifel zu den rekordverdächtigen Leistungen der beteiligten Handwerker zählen. In der Praxis ist das oft nicht zu schaffen. Aktuelle Erkenntnisse aus der Hygiene-Wissenschaft stellen zudem einen mit der Vier-Wochen-Frist zu weit gefassten Zeitraum fest. Geht es um die Frage, wie lange Trinkwasser in einer Leitung stehen darf ohne eine mikrobiologische Veränderung befürchten zu müssen, spricht man heute nicht mehr über Wochen, sondern über Stunden. Mit der VDI 6023 [4] wird daher klargestellt, dass bereits das erstmalige Befüllen einer Trinkwasserleitung den Beginn des bestimmungsgemäßen Betriebes darstellen muss. Wird also filtriertes Trinkwasser in die Leitung zwecks Prüfung eingelassen, muss auch eine sofort anschließende bestimmungsgemäße Nutzung erfolgen. Und die ist eben nicht schon alleine dadurch gegeben, dass man dem Fliesenleger (freundlicherweise) an einer Stelle der Installation eine Entnahmearmatur installiert. Einen tatsächlichen Bezug des Hauses, unmittelbar nach der Dichtheitsprüfung, schließt sich durch den Bauzustand („Prüfung bei zugänglicher Leitung“) aus. Dieser Umstand macht eine Dichtheitsprüfung mit filtriertem Trinkwasser - wie sie nach DIN 1988-2 gefordert wird - im Regelfall unmöglich. Hinzu kommt, dass eine Dichtheitsprüfung teilweise schon nötig wird, bevor das Gebäude über die Anschlussleitung mit dem Trinkwasser-Versorgungsnetz verbunden ist. Dann wird das Wasser oft über einen Schlauch vom Hydranten-Standrohr ins Installations-System eingespeist. Handelt es sich dabei nicht um einen sauberen, für den Transport von Trinkwasser zugelassenen Schlauch, kann schon dieser Umstand zu Problemen führen. Der Allzweck-Baustellenschlauch, der vorhin noch in der Wassertonne des Maurers hing, ist ganz sicher die falsche Wahl.
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Zur Sicherheit nur drei bar
Wie widrig die Umstände auch sind - der Anlagenmechaniker schuldet seinem Auftraggeber werkvertraglich die Erstellung einer Trinkwasserleitung. Und kommt am Ende der Leitung Wasser heraus, das die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) überschreitet, hat er das vertraglich vereinbarte Werk nicht erstellt. Schon aus diesem Grund sollte man von einer Dichtheitsprüfung mit Trinkwasser Abstand nehmen. So fordert die VDI 6023 grundsätzlich die Durchführung der Prüfung mit ölfreier Druckluft bzw. Inertgasen (z. B. Stickstoff). Wie diese Prüfung zu erfolgen hat, kann dem „Normen-Saurier“ DIN 1988-2 (die Norm „feiert“ übrigens in diesem Monat ihren 23. Geburtstag!) nicht entnommen werden. Die Vorgehensweise bei einer Luftprüfung ist dem ZVSHK-Merkblatt „Dichtheitsprüfung von Trinkwasser-Installationen mit Druckluft, Inertgas oder Wasser“ zu entnehmen. Beim Einsatz von Gas als Prüfmedium kann allerdings nicht mit den hohen Drücken gearbeitet werden, die für eine Prüfung mit Trinkwasser mit der alten Norm vorgegeben sind. Im Gegensatz zum Wasser sind Gase kompressible Medien. Würde man eine Rohrleitung mit 15 bar Druckluft- oder Inertgasdruck beaufschlagen, hätte das Versagen eines Leitungsteiles explosionsähnliche Folgen. Da man eine solche Leitungsprüfung aber gerade deshalb macht um festzustellen, ob alles in Ordnung ist – also immer mit einem Versagen von Leitungsteilen rechnen muss – wäre das Risiko nicht zu verantworten. Daher darf der Prüfdruck bei Prüfungen mit Druckluft oder Inertgas nicht über 3 bar liegen.

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Kleine Volumina
Zur Dichtheitsprüfung werden alle Anschlüsse mit werkstoffgerechten Stopfen oder mit Baustopfen (ohne Kunststoffgewinde) verschlossen. Trinkwassererwärmer werden nicht mitgeprüft. Zum einen macht es wenig Sinn, diese (als für sich geprüftes Bauteil) noch einmal zu untersuchen. Zum anderen haben die Speicher-Wassererwärmer ein relativ großes Volumen. Das Volumen der zu prüfenden Anlage stellt das Problem dar: Je größer es ist, desto langsamer vollzieht sich der Druckabfall bei gleichem Prüfdruck und gleichem Leck. Einen Speicher-Wassererwärmer mit in die Prüfung einzubeziehen bedeutet, das Prüfvolumen erheblich zu vergrößern, was die Prüfung ungenauer macht. Das Volumen ist auch der Grund dafür, dass man größere Systeme nicht als Ganzes, sondern in kleinen Abschnitten prüfen sollte. Das als Prüfmedium verwendete Inertgas bzw. die Druckluft müssen hygienisch einwandfrei sein. Wird ein Kompressor eingesetzt, muss dieser öl- und fettfreie Druckluft liefern. Wird das Leitungsinnere z. B. durch die Druckluft mit Öl benetzt, bedeutet das in metallenen Leitungen einen erheblichen Reinigungsaufwand; aus Kunststoffleitungen ist Öl meistens nicht mehr zu entfernen. Ein Auswechseln der Leitungen ist folglich nötig. Im Gegensatz zur Dichtheitsprüfung mit Trinkwasser können bei einer Dichtheitsprüfung mit Druckluft oder Inertgasen Metall- und Kunststoffleitungen gemeinsam geprüft werden. Dies deshalb, weil mit nur geringen Drücken gearbeitet wird, die Dehnung des Kunststoffrohres folglich deutlich geringer ist als wie bei der „Wasserprüfung“. Hinzu kommt, dass Gase kompressibel sind, Volumenvergrößerungen bis zu einem gewissen Grad ausfedern und so einen Abfall des Prüfdruckes verhindern. Die Ausführung der Dichtheitsprüfung einer Trinkwasserleitung mit Druckluft oder Inertgas erfolgt in zwei Abschnitten. Zunächst wird eine Dichtheitsprüfung durchgeführt, erst anschließend erfolgt die Belastungsprüfung.
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Dichtheit kommt zuerst
Vor Ausführung der Dichtheitsprüfung sollte man sich davon überzeugen, dass tatsächlich alle Verbindungsstellen fertig gestellt sind (Lötstellen gelötet, Pressverbinder verpresst, etc.). Dann wird Druckluft oder Inertgas in die Leitung eingelassen und ein Prüfdruck von 110 mbar aufgebracht. Das zur Druckmessung verwendete Manometer muss eine Anzeigegenauigkeit von 1 mbar aufweisen. Der Praktiker tut allerdings gut daran, wenn er für diese Prüfung ein U-Rohr-Manometer mit einer Anzeigegenauigkeit von 0,1 mbar einsetzt (vgl. Dichtheitsprüfung an Gasleitungen). Nach Aufbringen des Prüfdruckes muss das Prüfgas in der Leitung zur Ruhe kommen. Bewegungen des Gases, die vom Einlassen herrühren, müssen abklingen. Zudem muss sich das Prüfgas der Leitungstemperatur anpassen. Wie lange gewartet werden muss, hängt von der Installationssituation ab und ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Wenn der Druck sich nicht mehr verändert, startet die eigentliche Prüfdauer. Sie muss bei Leitungen mit bis zu 100 Litern Inhalt mindestens 30 Minuten betragen. Ist der Inhalt größer als 100 Liter (was möglichst immer vermieden werden sollte), muss die Prüfzeit je angefangene 100 Liter Mehrvolumen um 10 Minuten verlängert werden. Während der Prüfung gilt es, ein Auge auf die Verbindungsstellen zu haben. Da Geräuschkontrollen auf Baustellen schwierig sein können, sollte man die Verbindungen mittels Prüfschaum begutachten. Ist während der Prüfdauer kein Druckabfall erkennbar, gilt die Dichtheitsprüfung als bestanden.

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Belastung zum Schluss
Erst nach Ausführung der Dichtheitsprüfung erfolgt die Belastungsprüfung. Dafür wird mit Druckluft oder Inertgas ein Prüfdruck von 3 bar auf die Leitung aufgebracht. Für Leitungen mit Nennweiten von mehr als DN 50 bis einschließlich DN 100 darf der Prüfdruck allerdings nur 1 bar betragen. Aus Sicherheitsgründen darf der Prüfdruck nicht abrupt aufgebracht werden; vielmehr ist dieser langsam zu steigern (maximale Druckzunahme 2 bar/Minute). Die Druckmessung muss mit einem Manometer erfolgen, das eine Anzeigegenauigkeit von 0,1 bar hat. Eine Wartezeit für einen Temperaturausgleich ist bei der Belastungsprüfung nicht erforderlich, da temperaturbedingte Schwankungen auf Grund des hohen Prüfdruckes und der Anzeigegenauigkeit des Manometers nicht auffallen. Werden Kunststoffrohre geprüft oder mitgeprüft, kann sich nach Aufbringen des Druckes ein Druckabfall zeigen. Dieser ist darauf zurückzuführen, dass sich die Kunststoffrohre unter der Druckbelastung ausdehnen, also ihr Volumen vergrößern. In diesem Fall kann es erforderlich sein, das Erreichen eines Beharrungszustandes abzuwarten. Anschließend folgt eine Prüfzeit von mindestens zehn Minuten. Innerhalb der Prüfzeit müssen die Rohrverbindungen nochmals gesichtet werden. Wird hierbei kein Mangel erkannt und ist auch kein Druckabfall feststellbar, gilt die Prüfung als mit positivem Ergebnis durchgeführt.

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Über die Prüfungen der Leitung wird ein Protokoll geschrieben. Da der Bauherr oder sein Beauftragter (Bauleiter, Architekt, etc.) das Protokoll unterschreiben muss, ist er rechtzeitig über den Prüf-Termin zu informieren. Vor Ort kann er sich bei dieser Gelegenheit gleich davon überzeugen, dass in die Rohrleitung erst im Rahmen der Inbetriebnahme Trinkwasser eingelassen wird und als solches ganz sicher auch am anderen Ende wieder herauskommt.

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Literaturnachweis:
[1] DIN 2000: Zentrale Trinkwasserversorgung - Leitsätze für Anforderungen an Trinkwasser, Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung der Versorgungsanlagen
[2] DIN 1988-2: Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen (TRWI); Planung und Ausführung; Bauteile, Apparate, Werkstoffe
[3] DIN 1988-8: Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen (TRWI); Betrieb der Anlagen
[4] VDI 6023: Hygiene in Trinkwasser-Installationen - Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung

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