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Immer der Nase nach?

Richtiges Vorgehen bei Gasgeruch

Kundendienst ist ja schon eine abwechslungsreiche Angelegenheit. Wird man aber wegen eines Gasgeruchs zum Klienten geschickt, kommt Spannung auf. Hier sind eine besonnene Vorgehensweise, eine klare Situationsanalyse und die richtige Diagnose Pflicht.

Die Meldung „Gasgeruch“ ist ein weit gefasster Begriff. Sie erstreckt sich vom Fehlalarm, den das Aroma eines langsam vor sich hingammelnden, nassen Aufnehmers im Keller verursachte, bis hin zu tatsächlich kritischen Situationen. Klar, man hofft immer, dass man vor Ort eine eher harmlose Situation vorfinden wird. Aber davon ausgehen kann man natürlich nicht. Basis für die Vorgehensweise bei einem Gasgeruch ist also die schlimmste, denkbare Situation – nämlich das Vorhandensein eines explosionsfähigen Gas-Luft-Gemisches.

Die Menge macht’s

Bei der Definition eines explosionsfähigen Gas-Luft-Gemisches wird oft angenommen, dass die Brisanz mit dem Anteil des im Gemisch vorkommenden Erdgases ansteigt. Dem ist allerdings nicht so. Erdgas benötigt bei einer Explosion eine Menge Luft. Ein explosionsfähiges Gas-Luft-Gemisch liegt schon dann vor, wenn der Erdgasanteil in einem Raum zwischen 4,8 und 16,3 Volumenprozent (also grob zwischen 4 bis 17 Vol-%) liegt. Man spricht von der unteren Explosionsgrenze (UEG) und von der oberen Explosionsgrenze (OEG). Hypothetisch müssen in einen Raum mit einem Volumen von einem Kubikmeter 40 Liter Erdgas einströmen, um die UEG zu erreichen. Diese theoretische Annahme geht dabei von einer gleichmäßigen Verteilung des Gasanteils im zur Verfügung stehenden Raum aus. Genau diesen Gefallen erweist uns das Erdgas aber nicht. Es ist nur 0,63-mal so schwer wie die Luft. Folglich steigt es in einem mit Luft gefüllten Raum nach oben und füllt damit das zur Verfügung stehende Volumen nicht vollständig aus. Eine Luftbewegung kann es zudem noch in die eine oder andere Ecke schieben. Genau das schmeißt die Theorie über den Haufen.

Ein Beispiel:

In einem Raum mit einem Volumen von 1000 Litern sind 9,6 Liter Erdgas gelangt. Bezogen auf das Raumvolumen wird rechnerisch nicht einmal 1 Vol-% Gasanteil erreicht, was auch rechnerisch bedeutet, dass keine Gefahr besteht. Da das Erdgas aber leichter als die Luft ist, steigt es im Raum nach oben und verteilt sich nur über 200 Liter des Raumes. Hier wird dann mit 9,6 Litern Erdgas eine Gaskonzentration erreicht, die bei 4,8 Vol-% liegt, also explosiv ist.

Wird z. B. bei der Bearbeitung eines Gasgeruches im Keller am Kellereingang eine unbedenkliche Gaskonzentration gemessen, kann man noch lange nicht Entwarnung geben. Denn man muss ja davon ausgehen, dass sich das ausgetretene Gas mit der Luftbewegung in irgendeinen Kellerraum verkrümelt hat und dort ex-gefährlich unter der Decke hängt.

Immer dem Rüssel nach?

Auf der Suche nach solchen Problemstellen begeben sich leider immer noch Kollegen, die auf ihre Berufserfahrung, vor allem aber auf ihre Nase zählen. „Ich rieche genau, wann Gas wirklich gefährlich ist“, hört man sie mit stolzgeschwellter Brust sagen. Offenbar hat sich zu ihnen – trotz Berufserfahrung – noch nicht herumgesprochen, dass Erdgas geruchlos ist. Was man bei einem Gasgeruch wahrnimmt, ist ein so genanntes Odormittel, ein Geruchstoff. Dieser Geruchstoff wird dem Gas vom Gasnetzbetreiber verabreicht, bevor es in die Haushalte geschickt wird. Die Zudosierung des Odormittels erfolgt so, dass eine ausgetretene Gasmenge, die annähernd eine Konzentration von 1 Vol-% im Raum erzeugt, deutlich riechbar ist. Gaslecks, die so wenig Gas ausströmen lassen, dass die Konzentration von 1 Vol-% im Raum nicht erreicht wird, erzeugen folglich keinen Gasgeruch. Um sie ebenfalls „erriechen“ zu können, bedienen sich Netzbetreiber einer so genannten Stoßodorierung. Das bedeutet, dass ein- oder zweimal im Jahr eine Erhöhung der Odormittelzugabe erfolgt. Auf diese Weise machen sich dann auch geringere Gaskonzentrationen im Raum bemerkbar und die kleineren Lecks werden entdeckt. Dumm natürlich für jenen alten Hasen, der sein Näschen während einer Stoßodorierung neu einjustiert hat. Er könnte sich – wenn wieder die normale Odormittelzugabe erfolgt – ganz böse eine Blase laufen. Deshalb gilt: Die Intensität eines Gasgeruchs darf keinen Rückschluss auf das Risiko zulassen. Wie hoch die Gaskonzentration ist, kann nur mit Explosionsgrenzen-Messgeräten festgestellt werden. Und die werden beim Einsatz mit der Hand im oberen Raumbereich geführt und nicht am Hosengürtel unter der Jacke getragen.

Kunden links liegen lassen

Als weitere, wichtige Ausstattungsvariante ist die exgeschützte Taschenlampe zu nennen. Denn oft liegt die Ursache des Gasgeruchs im Keller. Das Kellerlicht einschalten kann man ja erst dann, wenn man sich davon überzeugt hat, dass dies keine Verpuffung oder Explosion zur Folge haben wird. Die Sache mit dem Kellerlicht nötigt zu leicht flegelhaftem Benehmen: Man darf den Auftraggeber nicht vorausgehen lassen. Denn selbst wenn man ihn darüber informiert hat, dass das Kellerlicht nicht eingeschaltet werden darf – er wird es aktivieren, wenn er als erster den dunklen Keller betritt. Es ist die Macht der Gewohnheit. Auf den Weg in den Keller muss die Gaskonzentration ständig gemessen werden. Das Explosionsgrenzen-Messgerät schlägt Alarm, wenn sich das Gas-Luft-Gemisch der unteren Zündgrenze annähert. Durch absperren der Gaszufuhr und durch zügiges herstellen einer Durchlüftung muss die Gaskonzentration in der Kellerluft dann abgebaut werden. Das gilt im Prinzip auch, wenn bereits ein explosionsfähiges Gemisch vorliegt. Dann aber muss man sich darüber im Klaren sein, dass jede Funkenbildung fatale Folgen haben kann. Hier muss für den Einzelfall entschieden werden, ob man nicht besser das Haus evakuiert und den Profis von der Feuerwehr die weitere Vorgehensweise überlässt.

Flick reicht nicht

Hat man die mögliche, direkte Gefährdung durch den Gasgeruch abgeschaltet, geht es daran die Ursache zu suchen. Denn ein Gasgeruch bedeutet, dass die Leitung nicht mehr in Betrieb genommen werden darf. Jetzt gilt es, die Leitung so instand zu setzen, dass diese wieder dicht ist. Eine erfolgreich ausgeführte Dichtheitsprüfung (bei Niederdruckleitungen durchzuführen mit einem Prüfdruck von 150 mbar) muss das belegen. Das klingt logisch. Schließlich soll der Kunde ja wieder Vertrauen zu seiner Installation gewinnen. In der Praxis ist die Umsetzung allerdings nicht so einfach. Denn man weiß ja – besonders von alten Leitungen aus Gewinderohren – dass die Dichtheit oft nicht durch die Reparatur einer einzigen Stelle erreicht werden kann. Da steht man dann beim Notdienst-Einsatz am Samstagabend im Keller und weiß, dass man dem Kunden witterungsbedingt gar nicht bis Montag das Gas absperren kann. In solchen Fällen ist folgende Vorgehensweise vollkommen in Ordnung:

  • Man ermittelt (mit einem Gas-Spürgerät) die Stelle, die Auslöser des Gasgeruchs war (z. B. ein Langgewinde).
  • Man ersetzt das Langgewinde durch einen Glattrohrverbinder.
  • Man ermittelt die Gas-Leckmenge der Leitung; sie muss < 5 l/h sein.
  • Man nimmt die Leitung wieder in Betrieb und prüft, ob sich bei geschlossenen Fenstern und Türen im Raum abermals ein Gasgeruch aufbaut.
  • Stellt sich kein Gasgeruch mehr ein, kann die Leitung weiterbetrieben werden.
  • Innerhalb der nächsten vier Wochen ist die Leitung bis hin zur Dichtheit zu reparieren.

Auf diese Weise ist der Sicherheit genüge getan und der Kundendienstler wird nicht genötigt, die Samstagnacht im Keller des Kundenhauses zu verbringen.

 

Man hat sich folglich Zeit verschafft, die Reparatur zeitlich und materialtechnisch vernünftig zu planen. Je nach Allgemeinzustand der sichtbaren Leitungen muss entschieden werden, ob eine Erneuerung der stückweisen Reparatur vorzuziehen ist. Auch der Einsatz eines Innenabdichtungsverfahrens kann in Erwägung gezogen werden. Wichtig ist, dass der „Einsatz Gasgeruch“ erst dann abgeschlossen ist, wenn die Leitung, die ihn verursacht hat, keinen Druckabfall bei 150 mbar Prüfdruck aufweist.

 

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