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Ein Brennstoff aus Pflanzen

Wie entstehen eigentlich Bio-Heizöl und Bio-Diesel
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Seine neueste Flamme ist zwar eine so genannte Öko-Tussi, aber süß wie keine Zweite. Und wie er mit ihr im geliehenen Touareg vom Vater durch die Rapsfelder ins Wochenende fahren will, kommt es wie es kommen musste. Sie moniert: „Ist das nicht völlig unökologisch mit 313 PS? Und wie kannst du nur solche Mengen fossilen Brennstoffs einfach für immer vernichten?“
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Aber er weiß sich zu verteidigen, hat er doch das Fahrzeug mit entsprechendem Biokraftstoff betankt. Die zehn Zylinder hüpfen also in dem angemessenen Raps-Umfeld quasi mit einem ökologischen Freifahrtschein. Als die beiden dann an Vaters bescheidener Jagdhütte ankommen, wird die Ölheizung fürs Badewasser und die Heizung eingeschaltet. Wieder setzt die süße Maus zu einer kurzen Abhandlung über den Einsatz von Solarenergie zur Deckung der Wärmeanforderungen an. Und wieder beruhigt er sie auf seine charmante Art. Denn auch das gebunkerte Heizöl ist neu-biologischen Ursprungs und verbrennt daher CO2-neutral, wie er meint und besonders betont. Er fügt in seinem Übermut hinzu: Selbst wenn der Öltank hier komplett auslaufen würde, kommt es nicht zu einer Ölkatastrophe - geschweige den zur Vergiftung des Grundwassers. Das Zeug ist biologisch komplett abbaubar. Sie ist nicht nur beruhigt, sondern begeistert. Ob er ihr denn vielleicht erklären könne, wie man diesen wunderbaren Brennstoff gewinnt? Und genau diese fast alltägliche Geschichte veranlasste die Erstellung dieses Berichts.

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Ölige Pflanzen
In Deutschland wird als Basis für die Erzeugung von Biodiesel häufig der Raps angepflanzt. Zwischen 40 und 45 Prozent des Samens dieser Pflanze besteht aus Öl. Die Pflanze hat also das Sonnenlicht eingefangen und die Energie in Form von Öl eingelagert. Das Öl im Samen der Pflanze sollte eigentlich die zur Fortpflanzung notwendige Energie beim Keimen des Samens liefern, gewissermaßen ein Entwicklungshelfer für die paar Tage im Dunkeln. Statt zur Keimung aufs Feld wird diese Rapssaat einer Ölmühle zugeführt und ordentlich gequetscht. Zurück bleiben der Rapskuchen und das energiereiche Öl. Der Kuchen wird als Bestandteil von Futtermitteln Verwendung finden. Das Rapsöl könnte man direkt nach der Pressung auch als Speiseöl deklarieren oder zu Margarine weiterverarbeiten. Zum Einsatz als Kraftstoff in einem herkömmlichen Motor eignet es sich so jedoch noch nicht. Nur eigens für den Betrieb mit Rapsöl vorbereitete Motoren sind in der Lage, dieses Öl bereits in dieser Güte zu nutzen. Hersteller wie die Elsbett AG sind seit Jahrzehnten tätig, um Motoren für diese Anforderungen herzustellen und zu vermarkten. Ein bestechender Vorteil das Öl in dieser Form bereits zu nutzen besteht in dem sehr geringen technischen Aufwand bis zu dieser Produktionsstufe. Ein paar Tröpfchen an den Salat und den Rest der Flasche in den Tank ist also möglich, aber nicht für jeden hoch gezüchteten Dieselmotor machbar. Zum einen, weil Raps als Naturprodukt in Zusammensetzung und Qualität nicht immer gleich ist. Darüber hinaus ist es auch weitaus zäher als das gewohnte Dieselöl und lässt sich auch nicht so leicht entzünden. Nacharbeit mit Veredelung tut also Not um damit auch anspruchsvolle Großserienmotoren betreiben zu können.
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Veredelung mit Lady Ester
Ziel einer Veredelung des kaltgepressten Öls ist es, die Eigenschaften als Brenn- und Kraftstoff zu verbessern. Großindustriell kommt die so genannte Umesterung zum Einsatz. Ester wurde ehemals auch als Äther bezeichnet. In unserem Sprachgebrauch finden wir Parallelen zu den ätherischen Ölen. Jene leichtflüchtigen, meistens gesundheitsfördernden Tröpfchen, die besonders in der kalten Jahreszeit, beispielsweise bei Heiserkeit, helfen sollen. Gemeint ist also mit der Umesterung in diesem Zusammenhang die Herstellung eines leichter flüchtigen Öles. Hierzu wird das Pflanzenöl inklusive seinem möglichst geringen Anteil an Wasser mit Methanol vermengt. Man kippt noch kleine Mengen an Katalysatoren dazu. Katalysatoren beschleunigen den Prozess, werden dabei aber selbst gewöhnlich nicht verbraucht. Wie in einer guten Alchemistenküche wird diese Masse dann erhitzt und gerührt. Bei 50 bis 70 Grad Celsius vervollständigt sich dieser Prozess. Die Reaktionsgleichung zeigt dann:

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Methanol plus pflanzliche Öle ergibt Glycerin plus Fettsäuren

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Und diese dabei entstehenden Fettsäuren sind es, die als Biokraftstoff verwendet werden. Das Nebenprodukt Glycerin findet Verwendung in der Kosmetikbranche als Feuchtigkeitsspender oder industriell als Frostschutzmittel, Weichmacher und Schmierstoff.
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Ab in die Tanks und fertig?
Nach einem Reinigungsprozess des so entstandenen Fettsäuremethylesters, kurz FAME (Fatty Acid Methyl Ester) genannt, ist es also sehr verwandt mit dem fossilen Brennstoff Heizöl und dem Kraftstoff Diesel. Würde man komplett und zu 100 % diesen Biodiesel verwenden, wäre die Kurzbezeichnung B100. In Deutschland ist der Dieselkraftstoff B5 (also mit 5 % Biodiesel) seit Jahren etabliert. B7 ist seit Februar 2009 möglich. Und selbst der ADAC hat für des Deutschen liebstes Kind kaum Bedenken. Bei 5 % und auch noch bei 7 % Beimischung ist dieser Treibstoff für die meisten modernen Diesel-Fahrzeuge verträglich. Wichtiger Punkt ist allerdings, dass die Ölwechselintervalle für die Motoren zwingend eingehalten werden. Der Grund dafür: Biodiesel verdampft erst bei Temperaturen von über 130 °C, der fossile Bruder bereits bei niedrigen 55 °C. Die Mengen an Dieseltreibstoff die beim Motorenbetrieb also unweigerlich über die Zylinderwände in die Ölwanne durchflutschen verflüchtigen sich nicht gleich gut. Der fossile Kraftstoff verdampft während einer zünftigen Autobahnfahrt, der Biokraftstoff reichert sich jedoch im Schmieröl an. Da er zäher fließt (höhere Viskosität) als das gebräuchliche Schmieröl, kann dies für den Motor nachteilig werden. Regelmäßiger Ölwechsel in den angegebenen Intervallen ist also Pflicht beim Einsatz von Biokraftstoff, selbst bei aktuellen geringen Zumengungen von nur fünf bis sieben Prozent.
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Heizen mit Pflanzensaft?
Zur sofortigen Verbrennung kann man es natürlich auch einsetzen. Die Komponenten der Heizungsanlage, die direkt mit dem Öl in Berührung kämen, müssten allerdings ein wenig angepasst werden. Pumpen, Filter, Leitungen, Tank und Brenner müssten der höheren Lösemöglichkeit des Biodiesels gegenüber herkömmlichem Heizöl gewachsen sein. Da es ohnehin zurzeit nicht wirtschaftlich sinnvoll erscheint zu 100 % Biodiesel zu verheizen, sind Anteile zwischen fünf und 20 Prozent in der Erprobung. Die Komponenten scheinen diesen Mix recht gut zu verkraften. Zusammengefasst kann man attestieren, dass es technisch grundsätzlich beherrschbar ist, den fossilen Diesel gegen Biodiesel auszutauschen. Durchgeführt wird die Substituierung (Ersetzung) derzeit in Deutschland nur im Bereich des Dieselkraftstoffes dem mindestens fünf Prozent Biodiesel zugemischt werden.
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Der Weg aus der Krise?
Das hört sich alles recht einfach und plausibel an. Man baut entsprechende Mengen an Raps oder vielleicht noch ergiebigere Pflanzen wie die Ölpalme an, schickt diese mit Lady Ester ins Quartier und schon hat man Treibstoff für dicke Autos und Brennstoff für die kalten Tage. Dazu ist das alles auch noch CO2-neutral. Denn nur das was die Pflanze an Kohlendioxid aufnimmt, kann sie ja auch wieder abgeben. Und wenn für die Produktion, die Umesterung, den Transport und so weiter noch zusätzliche Energie notwendig wird, so kann man ja vorsorglich mehr Ölpflanzen anbauen als man für den Biodieselverkauf vorsieht. Der dann erzeugte Überschuss wird direkt in die Produktion gesteckt und füllt dort die Energielöcher auf. Die Sonne speist ein und hinten, am Ende dieser lupenreinen Öko-Produktionskette, kommt eine leicht zähe Flüssigkeit heraus. Bei diesem paradiesischen Szenarium bleiben Fragen über die zur Verfügung stehenden Anbauflächen, über Konkurrenz zwischen Öl- und Nahrungspflanzen, über die Ökologie solchen Anbaus im großen Stil und viele andere Bedenken hinten angestellt. Man ist sich selbst auf höchster politischer Ebene nicht einig über die konkrete Einschätzung dieser Technik. Umfangreiche Studien werden in den nächsten Jahren immer mehr Licht in die energetische Zukunft der Erde bringen. Ob mittelfristig Biodiesel eine Rolle spielen wird, werden wir erleben. Gerüstet sind wir heizungsseitig bis dahin allemal.

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Übrigens hat die süße Maus nach dem Wochenende im Jagdhaus auf dem Rückweg den Touareg gelenkt. Man munkelt, sie sei auf den Geschmack gekommen. Ökologie kann so schön sein!

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Film zum Thema
Wer sich noch weiter über Bio-Diesel, Bio-Heizöl und Co. informieren möchte, für den steht hier ein schöner Film zur Verfügung:

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