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Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz

Vertragen besser als Klagen

Immer wieder kommt es im Rahmen von Kauf- oder Dienstleistungsverträgen zu Streitigkeiten zwischen den daran beteiligten Verbrauchern und Unternehmern. Dabei fühlt sich der Verbraucher manchmal wie im Kampf „David gegen Goliath“. Schließlich beschleicht ihn oft das Gefühl, als Verbraucher in der schwächeren Position zu sein und gegen die „großen Unternehmen“ ohnehin nichts ausrichten zu können.

EU grüßt mit neuer Richtlinie

Aus diesem Grund hat der EU-Gesetzgeber eine Richtlinie erlassen, die dem Schutz der Verbraucher dienen soll bzw. es erleichtern soll, den „Rechtsfrieden“ wiederherzustellen. Diese Richtlinie wurde jetzt vom deutschen Gesetzgeber in nationales Recht umgesetzt: Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz wurde erlassen. Das Gesetz trat am 1. Februar 2017 in Kraft. Die Verordnung über die Beilegung von Online-Streitigkeiten ist bereits im Wesentlichen seit Januar 2016 zu beachten.
Doch was steckt hinter dem Gesetz mit dem langen, sperrigen Namen?
Kurz gesagt soll es Streitverfahren zwischen Verbrauchern und Unternehmern abkürzen und beschleunigen. Außerdem soll es dazu beitragen, die oft mit Arbeit überhäuften Gerichte zu entlasten, indem ein alternatives Streitbeilegungsverfahren geschaffen werden soll.

Ziele des Verfahrens

Ziel ist es, flächendeckend Schlichtungsstellen einzurichten. Für den Verbraucher ist die Inanspruchnahme der Schlichtungsstelle grundsätzlich kostenlos, außer der Verbraucher reicht beispielsweise einen missbräuchlichen Antrag ein. Wichtig ist allerdings zu wissen, dass ein Unternehmen nicht verpflichtet ist, sich auf ein solches Schlichtungsverfahren einzulassen. Ebenso wenig muss es – als logische Konsequenz – den Vorschlag der Schlichtungsstelle akzeptieren. Das heißt der Weg zum Gericht wird einem durch die Einrichtung der Schlichtungsstellen nicht verwehrt, es wird einem lediglich eine zusätzliche Möglichkeit geboten, den Streit möglichst einfach und vor allem kostengünstig beizulegen. Hat man in der Sache allerdings bereits ein Urteil bei Gericht erwirkt, ist einem der anschließende Gang zur Schlichtungsstelle verwehrt. Das Urteil ist für beide Seiten bindend.
Ein weiterer Vorteil jedenfalls für die Verbraucher ist folgender: Wenn man sich mit seinem Anliegen an die Schlichtungsstelle wendet, hemmt dies die Verjährung. Das bedeutet, selbst wenn man mit dem Ergebnis durch die Schlichtungsstelle nicht einverstanden ist und dann dennoch den gerichtlichen Weg einschlägt, braucht man keine Sorge zu haben, dass die Angelegenheit während der Inanspruchnahme der Schlichtungsstelle verjährt.

Sicht der Unternehmer

Für Unternehmer ist es wichtig zu wissen, dass auf sie weitere Informationspflichten zukommen. § 36 VSBG regelt, dass ein Unternehmer, der eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet (was meistens der Fall sein dürfte), den Verbraucher darüber informieren muss, inwieweit er dazu bereit bzw. dazu verpflichtet ist, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Die Information muss für den Verbraucher klar und verständlich sowie leicht zugänglich sein. Sie darf sich also nicht verklausuliert in irgendeinem Nebensatz befinden. Außerdem hat der Unternehmer den Verbraucher – soweit er dazu verpflichtet ist oder sich zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren verpflichtet hat – auf die zuständige Schlichtungsstelle hinzuweisen.
Diese Informationspflicht gilt allerdings nicht für Kleinunternehmer, also solche Unternehmen, die weniger als zehn Personen beschäftigen.
Ist es schließlich bereits zu einer streitigen Auseinandersetzung gekommen, ist das Unternehmen wiederum verpflichtet, den Verbraucher über seine Rechte hinsichtlich der Inanspruchnahme einer Schlichtungsstelle zu informieren.
Da der Streitschlichter zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, kann die Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Schlichtungsstelle auch für die Unternehmen durchaus von Vorteil sein gegenüber einem Gerichtsverfahren, an dem die Öffentlichkeit beteiligt ist und in der Konsequenz die Presse entsprechend über das Verfahren berichten kann.

Fazit

Ob das neue Gesetz wirklich seinen beabsichtigten Zweck erfüllt und dafür sorgt, dass mehr Streitigkeiten zwischen Unternehmern und Verbrauchern ohne die Einschaltung von Gerichten beigelegt werden können, bleibt abzuwarten. Auch ist unklar, ob Verbraucher von der Einrichtung der Schlichtungsstellen überhaupt in dem Maße Gebrauch machen werden wie vom Gesetzgeber beabsichtigt.

Julia Reisch
Rechtsanwältin bei Reuter / Hald & Partner

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