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Probezeit in der Ausbildungszeit

Stimmt es zwischen uns?

Bei normalen Arbeitsverträgen beträgt die Probezeit in der Regel sechs Monate. In Ausbildungsverträgen ist das anders. Hier muss sie mindestens einen Monat betragen und darf höchstens vier Monate lang dauern. Die Probezeit muss schriftlich im Ausbildungsvertrag festgehalten sein.

Wozu die Zeit der Probe?

Die Probezeit dient in erster Linie dazu, dass sich Ausbildungsbetrieb und Auszubildende gegenseitig kennenlernen können. Der Azubi hat so die Möglichkeit herauszufinden, ob er die richtige Entscheidung bei seiner Berufswahl getroffen hat (was natürlich zu hoffen ist) und der Betrieb kann überprüfen, ob der Azubi für den Beruf geeignet ist und sich in den Betriebsablauf gut einfügt (was ebenfalls zu hoffen ist).
Während der Probezeit gilt der ansonsten gesetzlich geregelte Kündigungsschutz nicht. Das Berufsausbildungsverhältnis kann also ohne wichtigen Grund von beiden Seiten ohne Einhaltung einer Frist beendet werden. Das bedeutet, der Azubi kann von „heute auf morgen“ kündigen bzw. gekündigt werden. Selbstverständlich müssen aber vonseiten des Ausbildungsbetriebs an Azubis andere Maßstäbe angelegt werden als an „normale“, bereits ausgelernte Arbeitnehmer. Ein Berufs­anfänger ist in erster Linie noch geprägt durch die der Ausbildung vorausgegangene Schulzeit. Es sollte daher innerhalb der Probezeit vom Ausbildungsbetrieb nicht nur geprüft werden, welche Leistungen der Azubi bringt, sondern auch wie lernwillig er ist, welches Engagement er zeigt, wie er sich im Betrieb einbringt und wie sein Sozialverhalten ist, also wie sich der Azubi gegenüber Ausbildern, Kollegen und Kunden verhält.
Kündigungsschutz während der Probezeit besteht jedoch für solche Azubis, die besonders schutzwürdig sind. Das sind im Einzelnen: Schwangere, Schwerbehinderte oder Mitglieder der Jugendvertretung.
Eine Verkürzung der Probezeit ist nur in absoluten Ausnahmefällen möglich und kommt vor allem dann in Frage, wenn der Azubi bereits vor Beginn der Ausbildung im Betrieb beschäftigt war. Die Probezeit kann dabei nur verkürzt werden, jedoch nicht ganz entfallen. Ein vor der Ausbildung im Ausbildungsbetrieb absolviertes Praktikum ist nicht auf die Probezeit anzurechnen. Das hat erst vor kurzem das Bundesarbeitsgericht entschieden. Geklagt hatte ein Azubi, der eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann begonnen hatte und vor Beginn seiner Ausbildung einen Praktikantenvertrag mit seinem späteren Ausbildungsvertrag geschlossen hat, um die Zeit bis zum Beginn der Ausbildung zu überbrücken. Nachdem er die Ausbildung begonnen hatte, wurde er mit Ablauf der drei Monate dauernden Probezeit vom Ausbildungsbetrieb gekündigt. Der Azubi hielt die Kündigung für unwirksam, weil er der Meinung war, dass sein Praktikum auf die Probezeit anzurechnen sei und die Kündigung demnach erst nach der Probezeit erfolgt sei. Die Anrechnung auf die Probezeit begründete er damit, dass sein Ausbildungs­betrieb sich schon während des Praktikums ein umfassendes Bild von ihm hätte machen können und somit bereits vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses wissen konnte, ob er in den Betrieb passt und für den Beruf geeignet erscheint.
Das sahen die Richter des Bundesarbeitsgerichts anders. Sie waren der Meinung, dass die Tätigkeit des Azubis vor Beginn der Ausbildung nicht zu berücksichtigen sei. Der Fall wäre sogar dann nicht anders zu entscheiden, wenn der Azubi vor der Ausbildung kein Praktikum in seinem Ausbildungsbetrieb absolviert hätte, sondern ein „richtiges“ Arbeitsverhältnis mit dem Betrieb gehabt hätte. Denn nach dem Berufsbildungsgesetz muss ein Ausbildungsverhältnis zwingend mit einer Probezeit von mindestens einem Monat beginnen.

Wie, die Probe verlängern?

Eine Verlängerung der Probezeit ist nur dann möglich, wenn die Ausbildung länger als ein Drittel der Probezeit ausfällt, zum Beispiel, weil der Azubi lange krank ist. Eine solche Verlängerung für den Fall des Ausfalls der Ausbildung muss dann aber vorher zwischen dem Azubi und dem Ausbildungs­betrieb schriftlich vereinbart werden.
Möchte der Azubi das Ausbildungsverhältnis in der Probezeit kündigen und ist er noch minderjährig, dann müssen auch die Erziehungsberechtigten, in der Regel also die Eltern, die Kündigung unterschreiben, weil der Azubi erst mit Eintritt der Volljährigkeit voll geschäftsfähig ist.
Manche fragen sich sicherlich, ob sie bereits während der Probezeit Anspruch auf Urlaub haben. Grundsätzlich entsteht der volle Urlaubs­anspruch erst wenn das Ausbildungsverhältnis sechs Monate besteht, also nach der Probezeit. Dann kann theoretisch der volle Jahresurlaub genommen werden. Allerdings steht einem rein rechtlich für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Jahresurlaubs zu, also grundsätzlich schon in der Probezeit – auch wenn die meisten Arbeitnehmer und Azubis in der Probezeit davon absehen, Urlaub zu nehmen, schließlich wollen sie gleich zu Beginn des Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisses zeigen, „was in ihnen steckt“. Im Ausbildungsvertrag kann allerdings auch geregelt werden, dass während der Probezeit kein Urlaub genommen werden kann.

Julia Reisch
Julia Reisch, Rechtsanwältin bei Reuter / Hald & Partner

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