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Abwasser im Stockwerk!

Was geht ab?

In Bestandsgebäuden die zur Sanierung des Bades anstehen bleibt häufig die Fallleitung für das Abwasser erhalten. Die Leitungen im Bad oder zum Küchenanschluss werden jedoch neu verlegt und sollten daher richtig dimensioniert und montiert werden.

Ja klar! Es soll ablaufen
(Bild: thinkstock)
Ja klar! Es soll ablaufen (Bild: thinkstock)

Der Auftraggeber hätte am liebsten eine W-Lan-Entwässerung, schon klar. Dann blieben lästige Stemmarbeiten aus und es müssten auch nicht überall Vorwände gesetzt werden. Solange es eine kabellose Entwässerung nicht gibt, muss der Anlagenmechaniker sich auf einige Rededuelle gefasst machen und seine Meinung gegenüber dem Bauherrn fest vertreten. Damit Ihnen das Pulver nicht ausgeht, bringen wir ein paar wichtige Punkte zum Thema.

Anschauliche Darstellung der Leitungstypen eines Abwassersystems
(Bild: Der Sanitärinstallateur, A. Gaßner)
Anschauliche Darstellung der Leitungstypen eines Abwassersystems (Bild: Der Sanitärinstallateur, A. Gaßner)

Dick oder dünn?

Dicke Leitungen sind nicht immer und ausschließlich nur positiv. Umgekehrt sind schlanke Leitungen auch nicht anzustreben. Vielmehr soll sich ja das Wasser und die abzutransportierende Fracht mit dem Wasser befördern lassen. Mal übertrieben dargestellt, flutscht so ein wurstgroße Fracht eines WCs nicht durch ein 40er Röhrchen. Und ebenso wenig lässt es sich in einem tunnelgroßen Kanal zum Krabbeln anregen. Für beide Extrembeispiele kommt zwar noch das Spülwasser des WCs als Anschub- und Schlitterhilfe mit ins Spiel. Im 40er Röhrchen käme es aber trotzdem nach kurzer Zeit zur Verstopfung, da die Fracht ja nicht aus harten, kugelrunden und immer gleichen Bällchen besteht. Und in einem tunnelgroßen Kanal wäre das Wasser schnell verschwunden und das Häufchen Elend bliebe ohne auftriebspendendes Wasser nach kurzer Gleitfahrt liegen.

(Bild: Jörg Scheele)
(Bild: Jörg Scheele)

Gefälle gefragt

Abwasserleitungen sind so zu verlegen, dass diese komplett leer laufen können. Der „Trick“ soeben noch die Waage zu halten, also ohne Gefälle zu arbeiten, ist also kein Trick sondern Unfug. Gefälle ist immer notwendig. Lassen Sie sich nicht auf faule Kompromisse ein, Sie können es nach Fertigstellung des Bades nicht mehr einfach korrigieren. Wer jetzt an ein starkes Gefälle denkt um Pluspunkte in Sachen Ablaufgeschwindigkeit zu sichern liegt jedoch ebenso falsch. Das Abwasser übernimmt ja auch Transportaufgaben. Wenn Abwasser auf einer abschüssigen Gefällestrecke mit 45 Grad Neigung herunterrast, könnten Feststoffe liegen bleiben.

Abwasserrohre werden unter normalen Umständen nicht dafür vorgesehen komplett gefüllt zu sein während des Ablaufvorganges. Vielmehr soll sich im unteren Halbkreis Abwasser bewegen und im oberen Halbkreis kann dann Luft nachströmen und für einen entsprechenden Druckausgleich im System sorgen. Gleichzeitig wird so eine ausreichende Schwimmtiefe für die Feststoffe gewährleistet.

(Bild: Jörg Scheele)
(Bild: Jörg Scheele)

Noch Fragen?

Jetzt könnte man das soeben skizzierte Pflichtenheft schließen und rufen: „Gehet hin und bauet“. Dann könnte man sich im Laufe der nächsten Jahre mittels Versuch und Irrtum (Try and Error) einen wertvollen Erfahrungsschatz aneignen und wäre sicherlich am Ende eines Lebens ein erfahrener Baumeister in Sachen Abwassertechnik. Zum Glück ist das nicht mehr notwendig, denn unsere Normen (beispielsweise DIN EN 12056 und DIN 1986) haben diesen Erfahrungsschatz zusammengefasst. Der Lesestoff ist zwar furztrocken, beinhaltet aber die Erfahrungen und Erkenntnisse um Abwasseranlagen richtig zu bauen.

(Bild: Jörg Scheele)
(Bild: Jörg Scheele)

Definitionen

Als Einzelanschlussleitung gelten Leitungen vom Geruchverschluss eines Entwässerungsgegenstandes bis zur Einmündung in eine weiterführende Leitung. Und Sammelanschlussleitung vereinen mehrere Einzelanschlussleitungen bis zur Fall-, Sammel- oder Grundleitung. Durch das Bad im obersten Geschoss eines Hauses führt dann noch regelmäßig die Lüftungsleitung über Dach. Andere Leitungsabschnitte lassen sich sehr gut anhand der Zeichnung in diesem Bericht erkennen.

(Bild: Jörg Scheele)
(Bild: Jörg Scheele)

Einzelanschluss?

Die entsprechenden Normen haben den Entwässerungsgegenständen verbindlich entsprechende Rohrleitungsquerschnitte zugeordnet (Tabelle 2). Beispielsweise wird daher einem Waschtisch die Nennweite DN 40 zugeordnet. Damit könnte man also jetzt schnurstracks zur nächsten Fallleitung wandern und der Anschluss wäre ja offensichtlich perfekt. Aber so ganz einfach ist es dann doch nicht. Die Leitungslänge soll nämlich 4 Meter für diesen Einzelanschluss nicht überschreiten. Es dürfen auch nur maximal drei Umlenkungen (Bogen) von 90 Grad in diesem Abschnitt montiert sein. Die maximale Höhendifferenz zwischen dem Entwässerungsgegenstand und dem Abzweig in die Fallleitung soll 1 Meter nicht überschreiten. Das Gefälle soll mindestens 1 Zentimeter pro Meter betragen.

In der Praxis werden Sie auch Gegebenheiten vorfinden, die es nötig machen, mehr als die zulässigen drei 90-Grad-Bogen zu setzen. Es ist dann tatsächlich erlaubt, zweimal 45 Grad zur Richtungsänderung zu installieren. Diese Konstruktion bleibt gewissermaßen als Umlenkung ungezählt und ist nur als Leitungslänge anzurechnen. Übrigens gilt der obligatorische Siphon eines Entwässerungsgegenstandes noch nicht als eine der drei erlaubten Bogen.

Ein weiteres Problem kann sich bei der Einhaltung der Maximallänge ergeben. Bis zu vier Meter kann man die Leitung verziehen. Darüber hinaus gibt es als Möglichkeit für eine Verlängerung des Leitungsverlaufs nur die Alternative der Belüftung dieser Einzelanschlussleitung. Dann dürfen es auch bis zu 10 Meter Gesamtlänge sein. Anstatt einer Belüftung eine Vergrößerung des Rohrquerschnittes vorzunehmen ist nicht zielführend. Größere Querschnitte bei geringen Abwassermengen führen, wie bereits eingangs beschrieben, zu sehr geringen Fließgeschwindigkeiten und bergen daher die Gefahr der Bildung von Ablagerungen mit potenzieller Verstopfung. Also wenn Distanzen größer als vier Meter zu überbrücken sind gilt es eine Einzelanschlussleitung zu belüften. Ein hilfreicher Trick kann es dann sein, ein Belüftungsventil einzusetzen. Dann braucht diese Belüftung nicht über Dach geführt werden.

Ein Belüftungsventil kann sicherlich Probleme lösen
(Bild: Abu-Plast)
Ein Belüftungsventil kann sicherlich Probleme lösen (Bild: Abu-Plast)

Sammelanschlussleitungen

Sind mehrere Entwässerungsgegenstände innerhalb eines Bades zusammengeführt und münden dann gemeinsam in einer Fallleitung handelt es sich um eine Sammelanschlussleitung. Werden beispielsweise die Abwässer eines Bidets und eines Waschbeckens zusammen abgeführt, muss die Dimension für diese Leitung bestimmt werden. Jedes dieser Sanitärobjekte hat einen speziellen Anschlusswert, abgekürzt DU, welcher die anfallende Abwassermenge in Liter pro Sekunde beschreibt (Tabelle 1) Da, in der Regel, die beiden Entwässerungsgegenstände nicht gleichzeitig genutzt werden, wird ein Gleichzeitigkeitsfaktor mit dem Kürzel -K- für die anzunehmende Entwässerungsleistung angenommen (Tabelle 3). Die Vorgehensweise zur Bestimmung des notwendigen Rohrquerschnitts ist dann recht einfach. Man bestimmt die Summe und liest aus der entsprechenden Tabelle (hier Tabelle 4) die notwendige Dimension ab. Auch hierbei gilt es letztlich wiederum die Maximallängen nicht zu überschreiten. Die Belüftung einer Sammelanschlussleitung kann dann wiederum die Leistungsfähigkeit der Leitungen erhöhen. Ebenso ist es möglich in belüfteten Sammelanschlussleitungen mehr als drei Umlenkungen von 90 Grad einzubauen.

Erkenntnisse

Die Erkenntnisse lassen sich stichwortartig als Tipps zusammenfassen.

Tipps für Abwasserleitungen in Bad und Küche

  • Zu große Rohrleitungsquerschnitte können ebenso nachteilig sein wie zu kleine Querschnitte
  • Notwendige 90-Grad-Umlenkungen lassen sich durch zwei 45-Grad-Bogen ersetzen
  • In der Regel ist ein Mindestgefälle von 1 Zentimeter pro Meter einzuhalten
  • Notwendige Überschreitungen der maximalen Leitungslängen von 4 Meter lassen sich gegebenenfalls durch eine Belüftung der Anschlussleitung realisieren (evtl. Belüftungsventil einsetzen)
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