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EinBlick unter die Erde

Untersuchungen haben ergeben, dass jede zweite Grundleitung mangelhaft ist. Normen und Gesetze fordern eine Überprüfung der Leitungen unter Gebäuden und in Grundstücken. Was den Hauseigentümern dabei als Kontrolle angeboten wird, reicht nicht immer aus.

Die Lektüre des Lokalteils der Bochumer Tageszeitung stimmte Hausbesitzer Otto nachdenklich. Hatte er hier doch gelesen, dass die Kommune darauf hinwies, dass Grundleitungen der Entwässerung überprüft werden müssen. Die Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung könne man ihm jederzeit abverlangen. Allein der Gedanke daran vermittelte ihm ein flaues Gefühl. Denn mit einem solchen Zettel konnte er für sein mittlerweile 50 Jahre altes Mehrfamilienhaus nicht dienen.

Der Blick ins Rohr

Nur gut, dass es in Zeitungen auch Anzeigen gibt, denn Otto erblickte sogleich die eines professionellen Abwasseranlagen-Prüfers. Schon am Telefon fühlte sich der Hausbesitzer gut beraten. Er erfuhr, dass die Art der geforderten Untersuchung mit der DIN 1986-30 [1] geregelt ist. Hiermit wird gefordert, dass Grundleitungen, die nach ihrer Erstellung geprüft wurden, alle 25 Jahre mit einer Kanalkamera zu untersuchen sind. Herr Otto war sich nicht sicher, ob die Leitungen seines Hauses jemals überprüft wurden - schließlich waren sie älter als er selbst. Nach dieser Feststellung erfuhr er, dass bis dato ungeprüfte Leitungen bis spätestens zum Jahr 2019 mit der Kamera gecheckt werden müssen, wenn an der Entwässerung nichts umgebaut wird. Wenn doch, dann sind Kontrollmaßnahmen im Rahmen der Arbeiten nötig. Um die Sache aus dem Kopf zu bekommen, beauftragte Otto den Abwasseranlagen-Prüfer mit der Kontrolle seiner häuslichen Unterwelt. Der kam, blickte mit modernster Kameratechnik in die Leitungen und bescheinigte dem Hausbesitzer die Ausführung dieser Arbeiten. Alles ist gut. Das dachte jedenfalls Herr Otto.

Das setzen von „Speerblasen“ ist notwendig um abschnittsweise zu prüfen

H+T 3155 Der Sanitärinstallateur

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Der Tag der Wahrheit

Jedenfalls bis zu jenem Tag, als er dann tatsächlich die Aufforderung erhielt, die Bescheinigung über die Überprüfung seiner Grundleitungen dem kommunalen Kanalnetzbetreiber vorzulegen. Dies mit großzügiger Fristsetzung. Diese Kulanzzeit wartete er aber nicht ab. Schließlich war er ja stolz, in dieser Sache vorgesorgt zu haben. So traf es ihn schon hart, als man die Bescheinigung über die Kanalkamera-Untersuchung zurückwies: „Reicht nicht aus in Nordrhein-Westfalen.“ Herr Otto erfuhr jetzt von der äußert eifrigen Bauordnung dieses Bundeslandes. Diese Verordnung verlangt die Überprüfung schon bis zum Jahre 2015. Bis dann muss ein Hausbesitzer allerdings eine Bescheinigung über die Dichtheit vorlegen. Exakt in diesem Detail steckt der Teufel: Eine Kanalkamera-Untersuchung kann zwar bescheinigen, dass eine Leitung optisch einwandfrei aussieht - das muss aber noch lange nicht bedeuten, dass die Leitung auch dicht ist. Auch der zaghafte Versuch des Herrn Otto auf die DIN 1986-30 hinzuweisen, die ja die Kamera als ausreichende Prüfmethode betrachtet, wurde abgeschmettert. Die Landesbauordnung stellt eindeutig die höhere Anforderung. Und die ist eben zu erfüllen.

Ist der Kameraeinsatz generell sinnlos?

Wer sich also aufmacht, Grundleitungen untersuchen zu wollen, der darf nicht nur in die Norm schauen - der Blick in die Gesetzgebung ist genauso wichtig. Die gesetzlichen Vorgaben sind allerdings von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Diesen Vorwurf könnte Herr Otto seinem Abwasseranlagen-Prüfer sicherlich machen. Der Blick mit der Kamera ins Rohr war aber dennoch keinesfalls sinnlos. Denn die Durchführung einer Dichtheitsprüfung der Grundleitung mit Luft oder mit Wasser nach DIN EN 1610 [2] ist ein nicht unerheblicher Aufwand, da das System quasi außer Betrieb genommen und Anschlüsse demontiert und abgedichtet werden müssen. Daher wird der Dichtheitsprüfung immer eine Kamerauntersuchung vorgeschaltet. Zeigt die Kamera schon Leitungsschäden, wie Einbrüche der Rohrwandung, Risse oder Leitungsversatz, ist die Leitung garantiert undicht und man kann sich den Aufwand einer Dichtheitsprüfung ersparen. Sieht die Leitung vor dem Auge der Kamera aber gut aus, besteht ja die Hoffnung, dass diese auch tatsächlich dicht ist, was die Durchführung einer Dichtheitsprüfung rechtfertigt. Auf Grund des positiven Kamera-Befundes hegte auch Hausbesitzer Otto die Hoffnung, nach dem Aufwand der Dichtheitsprüfung dann endlich die richtige Bescheinigung zu erhalten. Leider aber, trog der Schein - seine Leitungen sahen noch OK aus, dicht aber waren sie nicht. Der Abflussprofi tippte auf undichte Muffenverbindungen.

So kann eine defekte Grundleitung ersetzt werden

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Mit Blick auf den Aufwand einer Instandsetzung riet er Herrn Otto, die Grundleitung stilllegen zu lassen. Seine Empfehlung: Das Abwasser der Fallleitungen über eine im Keller sichtbar verlegte Sammelleitung abzufangen und für die paar Ablaufstellen im Keller eine Pumpe einzusetzen. Die Lösung ist genau betrachtet die günstigere Alternative. Denn Herr Otto erspart sich nicht nur den Aufwand, die Grundleitung zu erneuern. Er braucht sich künftig auch keine Gedanken über richtig ausgeführte, wiederkehrende Prüfungen zu machen - denn wer keine Grundleitung mehr hat muss auch keine checken lassen.

Hier geht es zu den Infos des Umweltministeriums NRW

Literaturnachweis:

[1] DIN 1986-30: Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke - Teil 30: Instandhaltung

[2] DIN EN 1610: Verlegung und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen

Jörg Scheele†

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