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Erklär mal: Müssen Wärmepumpen im Altbau höhere Vorlauftemperaturen erzeugen?

Dabei spielen zwei Fragestellungen eine Rolle. Zum einen: Können Wärmepumpen eigentlich die in Bestandsgebäuden notwendigen Vorlauftemperaturen liefern? Und zum anderen: Wie hoch sind die tatsächlich notwendigen Vorlauftemperaturen in der Praxis? Eine detaillierte Antwort auf die erste Frage ist von vielen Aspekten – wie zum Beispiel der Art des Kältemittels oder des Kompressors – abhängig. Pauschal kann man sagen, dass Standard-Wärmepumpen ohne Probleme eine Vorlauftemperatur von 55 bis 65°C erreichen können. Das ist ein eher konservativer Richtwert.

Sogenannte Hochtemperaturwärmepumpen für den Einsatz in Wohngebäuden können ca. 65 bis 70 °C erzielen (in Industrie und Gewerbe ist dieser Begriff dagegen für Wärmepumpen reserviert, die über 100 °C erreichen). Auf dem Markt sind auch Geräte verfügbar, die 75 °C erreichen können – zum Beispiel Wärmepumpen mit dem natürlichen Kältemittel Propan. Die heutigen Wärmepumpen sind also allein (ohne den zusätzlichen direktelektrischen Heizstab) in der Lage, die in der Regel notwendigen Temperaturniveaus zu erreichen.

Die Ergebnisse aus einem umfangreichen Feldmonitoring von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden (Ein- und Zweifamilienhäuser), das am Fraunhofer ISE durchgeführt wurde, haben unter anderem gezeigt, dass die erreichte mittlere Effizienz der Geräte relativ hoch liegt. Für manche auf den ersten Blick wahrscheinlich sogar überraschend hoch.

Warum die maximal erforderliche Temperatur nicht entscheidend ist

Bei der Auswertung der Messdaten gab es noch eine Überraschung: die relativ niedrigen mittleren Vorlauftemperaturen. Nach tiefergehender Analyse haben sich zwar auch die – oft als notwendig erachteten – hohen Vorlauftemperaturen gezeigt, aber nur an den kältesten Tagen und nur bei einigen Wärmepumpenanlagen. Diese Tage waren allerdings so selten, dass sie auf die Gesamteffizienz der Anlagen kaum einen Einfluss hatten. Selbst bei unsanierten Wohngebäuden mit alten Heizkörpern mussten Wärmepumpen eine Vorlauftemperatur von lediglich ca. 55 °C erzielen, um eine angenehme Raumwärme zu gewährleisten.

Das beschriebene Phänomen kann anhand der obigen Abbildung erklärt werden. Prinzipiell gilt: je tiefer die Außenlufttemperatur (die horizontale Achse), desto höher die Heizkreistemperatur (orange Linie) und desto niedriger die Effizienz der Wärmepumpe (grüne Linie). Entscheidend für die mittlere (Jahres-) Effizienz ist, wann (bei welchen Temperaturen) der Großteil der Wärme bereitgestellt wurde (blaue Fläche). Zu 75 bis 90 % wird die benötigte Heizwärme bei moderaten Außentemperaturen bereitgestellt. Dabei sind die erforderlichen Vorlauftemperaturen nicht sehr hoch, was zu guten Effizienzen führt.

Zusammenfassend sind zwei Schlüsse zu ziehen: Erstens sind Wärmepumpen in der Lage, auch hohe Heizkreistemperaturen zu liefern, wie sie an sehr kalten Tagen notwendig sind. Und zweitens sind gar nicht die maximalen, sondern die mittleren Heizkreistemperaturen für die Gesamteffizienz  ausschlaggebend. Das heißt, Wärmepumpen können auch in Bestandsgebäuden die benötigte Wärme mit zufriedenstellender Effizienz bereitstellen. Die beschriebenen Erkenntnisse bestätigt eine Feldstudie aus der Schweiz. Auch bei dieser Studie wurden Wärmepumpen unter anderem in Bestandsgebäuden analysiert. Sehr ähnlich wie bei der Studie des Fraunhofer ISE lagen die maximalen Heizkreistemperaturen bei den untersuchten Wärmepumpen mit Heizkörpern um 55 °C. Die zentrale Aussage der Autoren der Ostschweizer Fachhochschule lautet: „Wärmepumpen können bei ordentlicher Planung, Installation und Inbetriebnahme fossile Heizungsanlagen auch im Gebäudebestand effizient ersetzen.“

Jährliche Effizienzwerte in Abhängigkeit von maximalen Vorlauftemperaturen von 41 Luft/Wasser-Wärmepumpenanlagen mit unterschiedlichen Wärmeübergabesystemen. Diese Auswertung stammt aus 2019. Mit dem Einsatz von natürlichen Kältemitteln wie R 290 ist eine höhere Energieeffizienz wahrscheinlich anzunehmen.

Frauenhofer ISE

Jährliche Effizienzwerte in Abhängigkeit von maximalen Vorlauftemperaturen von 41 Luft/Wasser-Wärmepumpenanlagen mit unterschiedlichen Wärmeübergabesystemen. Diese Auswertung stammt aus 2019. Mit dem Einsatz von natürlichen Kältemitteln wie R 290 ist eine höhere Energieeffizienz wahrscheinlich anzunehmen.

Muss ein Haus zuerst saniert werden, damit eine Wärmepumpe installiert werden kann?

Ganz klar: Je weniger Energie für die Erzeugung eines angenehmen Raumklimas benötigt wird, desto besser. Deshalb sind Sanierungsmaßnahmen zur Reduzierung des Heizenergiebedarfs immer sinnvoll. Dies gilt für alle Heizsysteme, nicht nur für Wärmepumpen. Aus unterschiedlichen Gründen ist eine (Voll-)Sanierung von Gebäuden manchmal nicht kurzfristig möglich. Glücklicherweise müssen Häuser aber auch nicht umfassend saniert sein, um für den Einsatz von Wärmepumpen infrage zu kommen. Natürlich ist der Wärmepumpenbetrieb umso effizienter, je geringer die Wärmeverluste sind. Sowohl das Portemonnaie der Bewohner als auch die Ökologie profitieren von einem möglichst geringen Einsatz von Heizenergie. Entscheidend für den Einsatz von Wärmepumpen sind aber die erforderlichen Heizkreistemperaturen. In vielen alten Häusern sind die Wärmeübergabesysteme überdimensioniert. Dadurch ist es beim Tausch der Heizungsanlage meist möglich, die im System eingestellte Vorlauftemperatur abzusenken und die Wärmepumpe effizienter zu betreiben. In vielen weiteren Fällen wurden bereits Sanierungsschritte, wie ein Austausch der Fenster, unternommen. Auch dies reicht häufig aus, um eine Wärmepumpe effizient einzusetzen. Mithilfe zusätzlicher, relativ kostengünstiger und kurzfristig umsetzbarer Maßnahmen lässt sich die Effizienz positiv beeinflussen. Dazu gehört der z. B. der Austausch von einzelnen Heizkörpern. Moderne Radiatoren oder  Konvektoren können die gleiche Wärmemenge bei signifikant geringerer Heizkreislauftemperatur an den Raum übertragen. Solche einfachen Sanierungsmaßnahmen können oft der erste Schritt eines mittelfristigen Sanierungsfahrplans sein, mit dem sich später weitere Effizienzverbesserungen erzielen lassen. Ein weiteres verbreitetes Vorurteil ist, dass Wärmepumpen nur mit einer Fußboden oder Wandheizung einsetzbar seien. Das ist jedoch nicht nur physikalisch falsch, sondern wird auch von Tausenden mit Heizkörpern realisierten Wärmepumpensystemen widerlegt. Heizkörper erfordern nicht zwangsläufig „sehr hohe“ Vorlauftemperaturen. In der Feldstudie (siehe Abb. oben) hat nur eine Handvoll der Luft/Wasser-Wärmepumpenanlagen, die ausschließlich mit Heizkörpern ausgestattet waren, mittlere Heizkreistemperaturen von über 45 °C erreicht. Bei der Mehrheit der Anlagen lagen die Temperaturen sogar unter 50 °C.

Dr. Marek Miara vom Frauenhofer ISE Institut erklärt seine Studienergebnisse zum Einsatz von Wärmepumpen im Altbau >>> Hier anschauen ca. 40 Minuten<

Dieser Fachbeitrag erschien in der SBZ und wird aufgrund besserer Lesbarkeit gekürzt wiedergegeben. »»LINK zum Orginalbeitrag««

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