Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
WERBUNG
WERBUNG
WERBUNG

Urlaub, nix wie weg

Häufig werden die Urlaubstage überfrachtet mit Aktivitäten, jeder versucht, das nachzuholen, was sonst zu kurz kommt: Sport, Besichtigungen, Geselligkeit. Unbewusst entsteht eine innere Unruhe, ein typischer Erholungskiller. Freizeitaktivität kann zur Interessenkollision mit dem Ehe- oder Beziehungspartner führen, sofern er selbst dem Freizeit-Stress aus dem Weg gehen will.

Wenn der Urlaubstag so vollgestopft ist wie der Arbeitstag, kann von Erholung keine Rede sein. Statt Arbeitsstress jetzt Freizeitstress. Wer Sport nicht mag, sollte sich im Urlaub nicht dazu zwingen, nur weil andere es machen. Vernachlässigte Sport-Aktivitäten kann man in einigen Urlaubstagen kaum nachholen. Zu viele Freizeitprogramme sind Urlaubsstress: Fahrradtour von A nach B, Besichtigungen, Treffen mit anderen Urlaubern usw. Müssen Sie sich durch Aktivitäten in der Gruppe herausfordern und sogar stressen? Wenn Sie unbewusst das Leistungsdenken aus dem beruflichen Alltag auch auf die Ferien übertragen, kann das schnell passieren. Sinnvoller ist die individuelle Balance zwischen Tatendrang und Nichtstun. Bewährt hat sich die „Selbstbestimmtheit“, spontan zu entscheiden, wann Sie was machen und wie lange Sie dranbleiben. Besondere Bedeutung hat die mentale Erholung, die von vielen belächelt wird. Auch für die Handynutzung ist eine Balance sinnvoll. Müssen Sie jeden Tag Verwandte, Freunde und Arbeitskollegen mit Fotos, Videos und Apps versorgen? Und dann hat der Urlauber noch die Erwartung, dass ein positives Echo auf seine Fotos kommt, entwickelt eine Erwartungshaltung.

Der Kurzurlaub im Fokus

Schon Kurzurlaube wirken sich positiv auf den Stresspegel aus. Prof. Dirk Lehr, Lüneburg hat mit seinem Team dazu eine „Holiday App“ entwickelt. Sie gibt täglich Anregungen für Entspannung, für den Mix zwischen Aktivität und Faulenzen.

Unter dem Aspekt, dass sich Anspannung und Erholung abwechseln, sind Kurzurlaube sogar besser als der Jahresurlaub an einem Stück. Eine kostengünstige Variante zum Jahresurlaub sind die „Brückentage“ Donnerstag bis Sonntag. Für schnelles Relaxen braucht man nicht immer zwei Wochen Urlaub. Wer es richtig anstellt, hat in wenigen Tagen vollen Erholungsgenuss. Regelmäßige Mini-Auszeiten erhalten die Leistungsfähigkeit und verbessern Motivation und Arbeitsfreude. Die Fähigkeit zur sofortigen Entspannung ist lernbar.

Ob Brückentage, Sommer- oder Herbstferien, alle Mitarbeiter wollen gleichzeitig in den Urlaub. Beliebte Termine sind die Weihnachtsfeiertage kombiniert mit Neujahr. Urlaub und Ferien, die schönsten Tage des Jahres, sind deshalb hart umkämpft. Wer setzt sich durch im Team? Wer gibt wieder mal nach? Urlaubsplanung ist ein Prüfstein für Kollegialität zwischen den Mitarbeitern. Es gilt der Grundsatz „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Eintragungen in die Urlaubsliste erfolgen meist schon sehr früh. Wer bei der Terminplanung der Sommerferien jemandem entgegenkommt, erwartet Entgegenkommen bei der Planung der Weihnachtsferien. Im Termingerangel darf es keinen Gewinner geben, weil es dann auch einen Verlierer gibt. Verheiratete mit Kindern erwarten, dass die Single-Kollegen die eigene Planung nach ihm richten mit der Begründung, dass Alleinstehende doch nicht auf die Ferien der Schulkinder oder des Ehepartners angewiesen sind.

Was stört die Erholung?

Bei Kurzurlauben ist eine längere Anfahrt mit Staugefahr ein Störfaktor. Mit Stress am Urlaubsort angekommen, fühlt man sich total ausgelaugt oder wird leicht krank. Auch der Klimawechsel im Urlaub kann in den ersten Tagen eine Belastung sein. Je größer die Belastung, umso geringer ist der Erholungswert, gerade bei einem Kurzurlaub. Nikolai Egold, Professor für Arbeitspsychologie in Frankfurt hat dies in mehreren Studien ermittelt.

Warum werden manche im Urlaub krank? Die Wahrnehmung des eigenen Wohlbefindens ändert sich. Unter dem Job-Stress werden Beschwerden ausgeblendet, im Urlaub reagiert man auf Beschwerden sensibel und fühlt sich krank.

So wird’s gemacht

Spätestens beim Kofferpacken muss die Stimmung positiv sein, das positive Gefühl der Vorfreude entstehen. Ideal ist es, wenn auch die Anreise schon angenehm verläuft und als erster Teil der Ferien empfunden werden kann. Im Urlaub werden in den ersten Tagen einige Alltagsgewohnheiten erhalten bleiben. Damit die Umstellung nicht zu groß ist, kann man das Aufstehen oder die Mahlzeiten zu den gewohnten Zeiten einhalten. Alle Gewohnheiten gleichzeitig auf Urlaub zu programmieren ist nicht immer leicht.

Ist der Urlaubseffekt nach zwei Wochen bereits verpufft, hat Nachhaltigkeit nicht funktioniert. Für eine effektive Erholung hat Professor Egold ein Modell in fünf Stufen geschaffen.

Wer seine Urlaubserinnerung reflektiert, kann sogar den Erholungswert erhöhen. Erzählt man zuhause von Urlaubserlebnissen, verankern sich die Ferien im Langzeitgedächtnis. Fängt man an einem Mittwoch an zu arbeiten, hat man nur noch eine kurze Arbeitswoche vor sich. Wenn die Kollegen die Stellung halten, darf man davon ausgehen, dass nicht allzu viel liegen bleibt. Denn Arbeitsrückstände belasten den Urlaubsrückkehrer. Schon der Gedanke im Urlaub an einen Rückstand vermindert die Entspannung. So sinnvoll das Garnichts-Tun auch sein mag, es kommen schnell Gedanken auf, wie es zu Hause läuft, ob die Kollegen klarkommen, die Termine wahrgenommen werden. Und im schlimmsten Fall fürchtet man, dass sich andere, die auf Karriere aus sind, vordrängen werden.

No-Go für den Urlaub

Arbeitnehmer dürfen nach §8 Bundesurlaubsgesetz während des Urlaubs keine dem Urlaubszwecke widersprechende Tätigkeit vornehmen. Nicht erlaubt sind Tätigkeiten, die ausgeführt werden, um Geld zu bekommen. Beispiel: Andreas hat seinen Urlaub dazu genutzt, im Restaurant als Servicekraft zu arbeiten, um damit das Sparkonto für die Anschaffung des Autos zu verbessern.

Stellt der Arbeitgeber fest, dass der Arbeitnehmer eine Erwerbstätigkeit ausübt oder eine ähnliche, die zu einer Vergütung führt, kann er die Vergütung für die Zeit des Urlaubs streichen. Nicht untersagt sind die sogenannten Ausgleichstätigkeiten, z. B. das Renovieren der eigenen Wohnung.

1 Vollgestopfte Urlaube sind nicht unbedingt erfüllend. Was im ganzen Jahr nicht stattfand, können Sie im Urlaub kaum nachholen.

2 Der Erholungswert von Kurzurlauben wird gerne unterschätzt.

3 Auch die Anreise sollte bereits fröhlich auf den Urlaub einstimmen. Es gilt dann natürlich: Kurzer Urlaub, kurze Anreise.

Klingt logisch und wird doch erst klar, wenn man darüber nachdenkt.

Bild: Leicher

Klingt logisch und wird doch erst klar, wenn man darüber nachdenkt.
Lange und beschwerliche An- und Abreisen mit Staus verkürzen den Erholungswert eines Urlaubs.

Bild: DALL·E/Held/SBZ Monteur

Lange und beschwerliche An- und Abreisen mit Staus verkürzen den Erholungswert eines Urlaubs.

Das „Ramma-Modell“

  • R: Recovery (Entspannung) „Ich plane Zeit zum Tagträumen ein, jeden Tag.“
  • A: Autonomy (Selbstbestimmtheit) „Ich beuge mich nicht dem Gruppendruck.“
  • M: Mastery (Herausforderung) „Ich probiere mal was Neues aus, wenn es Spaß macht.“
  • M: Meaning (Sinnhaftigkeit) „Ich möchte den Sinn der Urlaubs-Aktivität begreifen.“
  • A: Affiliation (Verbundenheit) „Ich fühle mich mit Gleichgesinnten wohl.“
  • Autor

    Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher
    ist Fachautor und Referent; Telefon: (0 62 21) 80 48 8

    Bild: Leicher

    WERBUNG

    Jetzt weiterlesen und profitieren.

    + SBZM E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
    + Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
    + Themenhefte
    + Exklusive Webinare von SBZ zum Vorzugspreis

    Premium Mitgliedschaft

    2 Monate kostenlos testen